You are currently viewing 100% Krähe – Das Interview

100% Krähe – Das Interview

Die Absage seines Auftritts im Oranienburger Hotel an der Havel verlangt nach einer Aufarbeitung. Die Brandenburger Freiheit traf sich dazu mit Stefan Krähe und erlebte einen durch und durch politischen Künstler, der voller Energie steckt und vor allem eines ist: 100% Mensch.

BF: Herr Krähe, Ihr Auftritt in einem Oranienburger Veranstaltungsort wurde kurzfristig vom Betreiber abgesagt. Wie enttäuschend war diese Absage für Sie?

Stefan Krähe: Ich bin nicht enttäuscht. Das passiert inzwischen ständig und ist mittlerweile eine Unsitte geworden. Für manche Veranstalter habe ich sogar Verständnis. Sie werden von Sponsoren unter Druck gesetzt, die damit drohen, Ihre Unterstützung zurückzuziehen. Hinzu kommen linksradikale Weltenretter, die sich nicht davor scheuen, Veranstaltern zu drohen. In einem besonders schweren Fall in Neuruppin wurden sogar die Mitarbeiter des Veranstalters attackiert.

BF: Was ist der Grund für diese Absagen? Was wird Ihnen üblicherweise vorgeworfen?

Stefan Krähe: In der Regel beschränken sich die Vorwürfe darauf, dass ich einen Auftritt auf einer Veranstaltung hatte, die von Ralph T. Niemeyer organisiert wurde. Auf dieser Veranstaltung hatte ich 3 Songs gespielt, darunter auch „Kein Bock“.

BF: … einem Lied mit eher linken Positionen.

Stefan Krähe: Richtig, sofern man für den Begriff „links“ die Maßstäbe ansetzt, die bis etwa 2020 galten.
Niemeyer wird vorgehalten, Reichsbürgerpositionen zu vertreten. Die Vorwürfe gegen ihn und meinen Auftritt verwendet man, um mir eine „Nähe zu Reichsbürgern“ anzudichten.

BF: Und das genügt als Legitimation, Veranstalter unter Druck zu setzen?

Stefan Krähe: Das alles geschieht natürlich nicht ohne entsprechenden Rückenwind von den Medien. Den Leuten wird regelrecht Hass eingeimpft und einige fühlen sich dann berufen, selbst darüber zu urteilen, wer gut und wer böse ist. Wann in der Geschichte der Menschheit waren diejenigen die Guten, die Zensur ausgeübt haben?
Besonders problematisch finde ich die inflationäre Verwendung des Begriffes „Nazi“. Inzwischen muss hierzulande schon fast jeder damit rechnen, so bezeichnet zu werden, der eine abweichende Meinung hat. In meinen Augen ist das eine absolute Verharmlosung der Greultaten in der Zeit des Nationalsozialismus. Wer so agiert, sollte sich mit einem Besuch in einer KZ-Gedenkstätte vielleicht noch einmal in Erinnerung rufen, wofür die echten Nazis verantwortlich sind. Die zunehmende Entmenschlichung des politischen Gegners ist einer Demokratie nicht würdig. Diese Entwicklung macht mir Angst.

BF: Wie würden Sie denn Ihre politischen Grundüberzeugungen beschreiben. Wofür stehen Sie und was ist an den Vorwürfen gegen Sie dran?

Stefan Krähe: Bevor man mir erklärte, dass ich „rechts“ bin, dachte ich eigentlich, eher „links“ und „liberal“ eingestellt sowie sozial orientiert zu sein. Diese Begriffe sind heute jedoch restlos zerstört und völlig sinnentleert.
Ich bin durchaus auch für die Pflege von Traditionen wie Weihnachten oder das Singen von Volksliedern und stehe zu meinem Gefühl von Heimatverbundenheit. Bei mir gibt es nur 2 Geschlechter. Eine Mutter soll auch „Mutter“ und ein Vater „Vater“ genannt werden. Obendrein mache ich deutschsprachige Musik. Wenn das alles genügt, um als „rechts“ zu gelten, dann bin ich wohl rechts. Nennen Sie mich, wie Sie wollen, aber ein Reichsbürger bin ich nicht. Denjenigen, die unentwegt versuchen, mich zum Reichsbürger zu erklären, kann ich nachweisen, dass sie Faschisten sind. Aber sie können mir nicht nachweisen, dass ich Reichsbürger bin.

BF: Das heißt, die auf dem Grundgesetz basierende Rechtsordnung erkennen Sie an?

Stefan Krähe: Die auf dem Grundgesetz basierende Rechtsordnung erkenne ich an. Alle sollen sich daran halten, vor allem die Regierung, die unentwegt in die Grundrechte eingegriffen hat. Dennoch frage ich mich, warum eine Abstimmung über die Verfassung nicht gewollt war.

BF: Haben Sie je versucht auf Ihre Kritiker zuzugehen, um Missverständnisse auszuräumen?

Stefan Krähe: Ja, es erwies sich in der Vergangenheit aber als schwierig. Eine positive Ausnahme war eine Gesprächsrunde in Fürstenwalde mit dem dortigen Bürgermeister, Vertretern der Linken, der Kirche und einem Manager, der Künstler unter Vertrag nimmt.
Meine Kritiker leben nicht selten in einer Scheinrealität, an der sie mit Hilfe eines inneren Schutzmechanismus festhalten. Widersprüche zur Wirklichkeit werden mit seiner Hilfe ausgeblendet, z.B. die Tatsache, dass die Impfung nicht half.

BF: Erfahren Sie aus dem Kollegenkreis Solidarität?

Stefan Krähe: Zuspruch erfahre ich ohne Ende. Allerdings erhalte ich ihn von vielen nicht öffentlich. Allen, die sich nicht trauen, sage ich: Demokratie entsteht durch Beteiligung, Diktatur durch Enthaltung. Faschismus rieche ich, ich bin Antifaschist.

BF: Ihr Album „rot“ ist vor allem gut gemachter Deutschrock mit eingängigen Melodien. Ihre Texte sind alles andere als belanglos. Ärgert es Sie, dass die Diskussion um Ihre Person Ihre künstlerische Leistung überdeckt?

Stefan Krähe: Wenn meine Kunst für die Kritik verantwortlich wäre, könnte ich mit der jetzigen Situation leben. Ich bin ein politischer Künstler. Ich bin für Frieden und gegen den Krieg, für sozialen Ausgleich und für den Schutz der Umwelt. Ich bin auch für Migration aber nicht unbegrenzt. Unbegrenzte Migration ist ohnehin nicht möglich. Die jetzige Politik wird am Ende verhindern, dass Menschen, die wirklich Hilfe benötigen, sie auch tatsächlich erhalten können.
Meine Musik soll bewegen. Sie soll Menschen zum Lachen oder auch zum Heulen bringen und dabei wird es manchmal eben auch politisch. Alle Künstler sollten sich wagen, Themen anzusprechen, die vielleicht nicht ganz so gut ankommen. Mir ist das wichtig, denn ich will auch künftig morgens in den Spiegel blicken können.

BF: Als Deutschrocker steht man selbst mit politisch korrekter Einstellung einer großen englischsprachigen Konkurrenz gegenüber. Welche Zukunftsperspektiven sehen Sie für Ihr Genre?

Stefan Krähe: Gegenüber englischsprachigen Bands sehe ich mich im Vorteil. Ich erreiche die Herzen der Menschen viel besser. Angst macht mir eher die Künstliche Intelligenz. Ein Bekannter von mir hat kürzlich mit Hilfe von KI einen Song geschrieben. Der war gar nicht so schlecht.
Sorgen bereitet mir auch die stetig zunehmende Geschwindigkeit im Musikgeschäft. Erfolgsbands wie U2, die praktisch 1 Jahrzehnt lang das Geschehen dominierten, sind heute gar nicht mehr möglich.

BF: Abschließend noch eine Frage zum geplatzten Auftritt in Oranienburg. Was muss sich nach Ihrer Ansicht in der Bundesrepublik ändern, damit solch ein Auftritt wie geplant stattfinden kann?

Stefan Krähe: Hierzulande wird ständig Hass gegen einige Menschen geschürt und die Gesellschaft gespalten. Die Medien unterstützen das leider. Sie müssten unabhängiger werden, insbesondere der öffentlich-rechtliche Rundfunk, der schlanker werden muss, den wir aber grundsätzlich brauchen. Wir dürfen nicht alles dem Markt überlassen.
Die tragenden gesellschaftlichen Säulen müssen generell unabhängiger werden. Neben den Medien gilt das auch für die Legislative, die Exekutive und die Justiz – eine echte Gewaltenteilung eben. Es kann nicht sein, dass der Verfassungsschutz dem Innenministerium untersteht und die Staatsanwaltschaften dem Justizministerium.

BF: Vielen Dank für das Gespräch .

Das Gespräch führte Jan Müggenburg für die Brandenburger Freiheit.