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Höcke in Oranienburg … und die Stadt stand Kopf

Etwa 700 Teilnehmer folgten nach Angaben des Veranstalters dem Aufruf der AfD. Sie trotzten massiven Gegenprotesten. Die Stadt schmückt Schloss und Schloßplatz in Regenbogenfarben. Bürgermeister unter Gegendemonstranten zusammen mit Landtagsabgeordneten von Grünen, Linken und SPD. Höcke: Die Zukunft des Landes liegt im Osten. Land wird im „Affentempo“ an die Wand gefahren.

Bereits im Vorfeld gab es viel Aufregung um die AfD-Kundgebung am 07.09.2023 mit Björn Höcke. Oranienburgs Bürgermeister Alexander Laesicke ließ kurzer Hand den Schloßplatz in Regenbogenfarben bemalen und hisste Regenbogenfahnen vor dem Schloss. Mit ihm mobilisierten linke Gruppen und Parteien gegen den Auftritt Höckes. Auch die IG Metall unterstützte den Aufruf. Am Ende kamen etwa 1.300 Gegner Höckes und der AfD.

Andreas Galau (AfD), Vizepräsident des Brandenburger Landtages, kritisierte die Beliebigkeit der aktuellen Migrationspolitik. Im laufenden Jahr verließen sogar 6 US-Amerikaner den Landkreis Oberhavel als registrierte Asylbewerber. Galau’s Hinweis ist tatsächlich nicht aus der Luft gegriffen. Erst kürzlich veröffentlichte das Landkreisamt Oberhavel eine Statistik, aus dieser Sachverhalt klar hervorgeht. Die Daten sind Teil einer Antwort der Verwaltung auf eine Anfrage des Kreistagsabgeordneten Thomas Kay (parteilos, AfD-Fraktion).

Galau machte aber auch auf ein für die AfD ernst zu nehmendes Problem aufmerksam. Die guten Umfragewerte lassen im kommenden Jahr viele Mandate erwarten. Angesichts der knappen Personaldecke der AfD könnte der Fall eintreten, dass gar nicht so viele Mandate besetzt werden können. Bundesweit wies die Partei per 31.12.2021 etwa 30.000 Mitglieder aus [1]. In Oberhavel wuchs die Mitgliederzahl allein im letzten halben Jahr von 130 auf 188. Laut Galau, der auch Kreisvorsitzender der AfD-Oberhavel ist, nicht genug um für die Kommunalwahlen im kommenden Jahr ausreichend Kandidaten zu stellen. Galau warb daher in seiner Rede offensiv für den Parteieintritt.

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Hauptredner des Abends war zweifellos Björn Höcke. Auch er ließ kein gutes Haar an der amtierenden Regierung. Die Ursache für die mangelnde Qualität in der Exekutive sieht Höcke, in einer Art Negativauslese, die das Parteiensystem hervorgebracht hat. Danach wird der Aufstieg von Unqualifizierten zunächst in Parteihierarchien und in der Folge auch in Institutionen begünstigt.

Die zahlreichen Gegendemonstranten (geschätzt 1.300) bezeichnet Höcke als Opfer ideologischer Indoktrination. Dennoch ist sich Höcke sicher, dass sie im „Ringen um das Land“ irgendwann an seiner Seite stehen werden. Optimistisch ist er mit Blick auf die junge Generation. Die Jugend in Brandenburg „ticke“ nach seiner Auffassung schon heute anders. Dem entgegen steht das Bild, das die Kundgebungen der AfD und der Gegendemonstranten abgaben. Denn der Altersdurchschnitt der Teilnehmer an der Gegendemo war erheblich niedriger. Ortsansässige Beobachter der Szenerie vertraten allerdings die Auffassung, dass ein großer Teil der Gegendemonstranten aus Berlin angereist war.

Den Massenmedien bescheinigte Höcke ein totales Versagen. Süddeutsche Zeitung, Spiegel & Co. würden ihrer Rolle als 4. Gewalt nicht mehr gerecht. Höcke bezeichnete diesen Teil der Medienlandschaft gar als „Totengräber der Demokratie“. Ohne Meinungsfreiheit keine Demokratie und kein Rechtsstaat, so Höcke.

Höckes politische Gegenspieler, die sich gegenüber dem Schloßplatz vor der städtischen Bibliothek versammelten bewiesen genauso großes Durchhaltevermögen wie die Teilnehmer der AfD-Kundgebung. Die Gegendemo wurde bereits gegen 18.00 Uhr von Enrico Geißler eröffnet. Geißler ist Kreisvorsitzender der Partei Die Linke in Oberhavel. Vom Bahnhof aus zog die Demo zunächst als Aufzug durch die Stadt, bevor die Teilnehmer sich in Ruf- und Sichtweite zur AfD-Kundgebung postierten. Dort machten sie lautstark mit Rufen und Trillerpfeifen auf sich aufmerksam.

Ihr Protest richtete sich vor allem gegen die Person von Björn Höcke selbst. Der Vorwurf: Höcke sei ein Rechtsextremist und Faschist. „Nie wieder Faschismus“ war einer der Slogans, die sich auf den Schildern der Gegendemonstranten befanden. Unklar blieb, ob sie Höckes Rede zumindest im Nachhinein zur Kenntnis nahmen. Während der Gegendemo dürfte das wegen des erzeugten Lärmpegels kaum möglich gewesen sein.

Text und Fotos: Jan Müggenburg

[1] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1339/umfrage/mitgliederzahlen-der-politischen-parteien-deutschlands/



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