Tamir Al-Abadi aus Königs Wusterhausen schildert seine Eindrücke von einer Reise nach Golßen, wo die private Spende des Vorsitzenden der AfD-Landtagsfraktion für ein Sommerfest die Gemüter spaltet.
Golßen ist eine typische Brandenburger Kleinstadt wie wir sie in vielen Landkreisen vorfinden, enge Gassen, einen kleinen Markt mit Kirche, eine Bebauung aus dem 19ten Jahrhundert gepaart mit modernen Bauten aus der Vor- und Nachwendezeit und meist ist auch ein Schloss nicht weit. Und doch ist Golßen auch etwas besonderes, immer wenn ich da war, war das Wetter schön. Die Stadt strahlt eine eigene Ruhe aus und für mich Dahmeländer ist sie eine kleine Perle im Spreewald.
Heute am 07.08.2025 war das Wetter auch wieder schön, der Sommer kam nach Wochen des Regnens zurück, doch die Ruhe fehlte irgendwie.
Bei der Einfahrt in den Ort begegnete ich 7 Halbgruppenkraftwagen der Brandenburger Polizei sowie etlichen Uniformierten in der Nähe des Schlossgartens und als ich am Markt mein Wagen geparkt habe, mir noch ein Eis aus dem kleinen Eisladen geholt hatte, bemerkte ich eine Reihe von Bürgern die sich auf den Weg zum Schlossgarten machten – und folgte diesen.
Anlass für die fehlende Ruhe war eine Versammlung zu der das Aktionsbündnis „Golßen für Alle“ über die Seite www.bunterspreewald.de aufgerufen hatte und dieses war auch der Grund der mich nach Golßen führte. Mitten in den Sommerferien erhielt die kleine zweieinhalbtausend Einwohner Gemeinde die nationale Aufmerksamkeit und von der Lokalpresse über den ÖRR bis hin zu Spiegel und Tagesschau konnte man über die ungeheuerlichen Vorgänge lesen:
Die kleine Gemeinde will ein Stadtfest feiern und hat dafür Spenden von Unternehmern und Bürgern angenommen, so weit so gut und allgemein üblich. Doch dann wurden die Namen der Spender auf dem Flyer und Aushängen veröffentlicht und unter den Spender fand sich ein ortsansässiger Friseursalon und Dr. Christoph Berndt, der Mitglied der SVV und Einwohner der Stadt ist. Zu Herrn Dr. Berndt muss man in Brandenburg eigentlich nichts ausführen, die Inhaberin des Friseursalons ist auch eine Bürgerin der Stadt welche sich in Ihrer Freizeit in dem ortsansässigen Verein Zukunft Heimat e.V. engagiert.
Das konnte die Wahlkreis Kandidatin der SPD, Nadine Graßmel, nicht auf sich sitzen lassen und so wurde anstelle einer eigenen Spende für das Stadtfest eine Kampagne gegen die unliebsamen Spender und die ehrenamtliche Bürgermeisterin ins Leben gerufen. Höhepunkt der Kampagne ist die heutige Versammlung in Golßen und eine eilig anberaumte Sitzung der SVV am gleichen Abend.
Um 18:00 begann dann auch die Versammlung „Golßen für Alle“, dazu hatten sich ca. 65 – 70 Teilnehmer neben dem Schlossgarten eingefunden. Denen gegenüber auf der anderen Straßenseite kamen 60 – 70 Bürger zusammen, welche mehrheitlich die provozierte Unruhe und Spaltung der Stadtgemeinde kurz vor dem Fest ablehnen. Hinter einem Ortsschild abgedrängt und von einen großen Polizeiwagen verdeckt hatten rund 30 – 35 Gegendemonstranten einen Versammlungsort zugewiesen bekommen, welche mit Schildern „Hass + Hetze = SPD“ gegen das Aktionsbündnis protestierten.


Auf der Versammlung begannen die Reden, ein bunter Potpourri von Aktivisten war zusammengekarrt worden, selbst die „Omas gegen Rechts“ aus Berlin waren vertreten und alle kamen zu Wort, forderten ein offenes Golßen, ein Golßen für Alle – aber keine Spenden von Andersdenkenden, von Mitbürgern mit einer anderen politischen Meinung. Zwischentöne suchte man vergebens bei den Rednern, aber selbst den eigenen Versammlungsteilnehmern war die Situation doch irgendwie unangenehm.
Eine ältere Frau fragte die Aktivisten, was diese denn gegen Herrn Berndt hätten, er sei ein lieber Mitmensch und bei seinem Mühlenfest ist es immer sehr nett und es gibt keine AfD Flaggen – mit dieser Offenheit konnten die Aktivisten nicht umgehen und gerieten immer wieder ins Argumentationsloch, außer den Anwürfen des Verfassungsschutzes blieb am Ende kein Vorwurf.
Ein Handwerker in Arbeitshose, noch mit Zollstock in der Tasche, wurde auf der Versammlung misstrauisch beäugt und musste sich erst als Golßener zu erkennen geben, bis man mit ihm sprach. Auf seine Fragen, warum denn mit dieser Aktion Zwietracht unter den Bürgern gesät wird, welche einfach nur ein schönes Sommerfest feiern wollten, wussten die Aktivisten ebenso keine Antwort.
Auch die Lokalpresse war vor Ort, der RBB hat eine Kamerafrau und 2 Reporter geschickt um sich die passenden O-Töne einzuholen. Als der Reporter nach einem Interview darüber stutzt, dass einer der Mitbürger aus Königs Wusterhausen kommt, trat ein Golßener heran und klärt den Reporter darüber auf, dass er unter den Teilnehmern des Aktionsbündnis „Golßen für Alle“ kaum Golßener erkennen konnte „… ich kenn ja die ganze Bagage da drüben gar nicht, da sind … 2-3 … na wenn‘s hochkommt 5 die aus Unterspreewald stammen und 4 aus Golßen dabei …“.
Für den RBB wurden die Interviews zum Teil zu einem Spießrutenlauf , aus der Bevölkerung kam viel Kontra, Kontra zu der Art der politischen Auseinandersetzung um die Spenden aber auch Kontra gegenüber dem ÖRR und dessen politisch gefärbter Berichtserstattung. In einzelnen Diskussionen ließ der Reporter eindeutig seine persönliche Haltung erkennen. Eine Bürgerin aus der Gegendemonstration entgegnet dem Reporter auf die Bitte um ein Interview ängstlich „… wenn Sie die Wahrheit senden …“ worauf der Reporter mit einem verschmitzten Lächeln und den süffisanten Halbsatz „objektiv, aber nicht neutral“ antwortete, ein Offenbarungseid!
Die Polizei wachte über all dem, ein Hauptkommissar leitete den Einsatz, das Aufgebot ist martialisch, Zwischenrufe werden sofort mit polizeilichen Maßnahmen unterdrückt und Platzverweise angedroht, der Bürger war hier das polizeiliche Gegenüber, der Staat zeigte Zähne. Auch das Ordnungsamt war vor Ort und riegelte den Versammlungsraum der SVV ab.
Kurz vor 19:00 fanden sich dann die ersten Stadtverordneten ein, auch Dr. Berndt kam auf dem Rad angeradelt und wurde mit einem Applaus empfangen. Das Ordnungsamt ließ nur wenige Bürger und die Presse in den Sitzungsraum, der größte Teil musste draußen bleiben. Bereitschaftspolizei und Zivilfahnder sichern das Gelände ab.
Auf der Sondersitzung bezieht die ehrenamtliche Bürgermeisterin Stellung zu den Anfeindungen und erklärte die Abläufe zur Vorbereitung des Stadtfestes. Sie kündigte an, die Spenden von Seiten der Stadt nicht zurück zu weisen, dieses führte dann zum Eklat und die Fraktion aus SPD und CDU (GfG – Gemeinsam für Golßen) verließ unter hämischen Applaus der wenigen Zuschauer die Versammlung.
Es war spät geworden, doch viele Golßener haben noch vor der SVV ausgehaart und zeigten sich über den Ausgang erleichtert. Dr. Berndt berichtete den Bürgern noch vom letzten Stadtfest, für welches die SPD selbst gespendet hatte und einen eigenen Sponsoren-Empfang organisiert hatte, als die Mehrheitsverhältnisse in der SVV noch andere waren. Damals stand die Landratswahl vor der Tür!
Auf der Rückfahrt in den Norden des Landkreises lasse ich das Erlebte noch einmal Revue passieren.
Die unwirkliche Situation neben dem Schlossgarten, wo Bürger nur durch eine Straßenbreite voneinander getrennt waren, aber ideologisch auseinander gerissen wurden als wenn Sie einander Fremde wären.
Ich sehe die hellhäutigen Demonstranten des Aktionsbündnisses vor mir, in ihren unfreiwilligen komisch bunten Kleidern und das farbige Mädchen auf der anderen Seite, der Seite der Bürger aus Golßen, welches Ihren Vater an diesem Abend begleitet hat.
Ich denke an die hämische Google-Bewertung des Friseursalons „Haarschnitt Seitenscheitel topp. Zukunft Heimat (rEcht s extreM) mit Haarschnitten supporten. Berndt findet es super!“ aber auch an die aufmunternden Worte die ich dort las „Lasst Euch nicht unterkriegen! Die Devise ist Handwerk statt Mundwerk und das Handwerk stimmt.“ .
Ich denke an den Machtwechsel den die Kommunal- und Landtagswahl 2024 in vielen Gemeinden gebracht hat.
Und mir wird klar, der eigentliche Skandal sind nicht die Spenden, der eigentliche Skandal ist das krampfhafte Klammern an die Macht der so gut wie abgewählten und das Aufstacheln der eigenen Mitbürger gegeneinander.
Bald ist Herbst in Deutschland.
Dr. Berndt hat mit 39,3 % der Stimmen bei der Landtagswahl das Direktmandat Wahlkreis Dahme-Spreewald III geholt, die UBL und die AFD haben mit der Bürgermeisterin 9 der 17 Sitze in der SVV.
Text und Fotos: Tamir Al-Abadi
Aktualisierung 09.08.2025: Jahreszahl in der Datumsangabe im 3. Absatz auf 2025 korrigiert. JM