Baerbock will keine Russen auf Gedenkfeiern zum 80. Jahrestag der Befreiung vom Hitler-Faschismus. Berlin regiert mit vertraulichen „Empfehlungen“ durch bis in die Brandenburger Kommunen hinein. BSW Unterstützer in Oberhavel sehen rote Linie überschritten.
Zehntausende junger Rotarmisten verloren in den letzten Wochen des zweiten Weltkrieges ihr Leben in und um Berlin. Ihr Einsatz ermöglichte, wozu das deutsche Volk nicht mehr in der Lage war: das Nazi-Regime abzulösen und das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte zu beenden. Gedenkfeiern anlässlich der Befreiung vom Hitler-Faschismus sind daher seit Jahrzehnten in Berlin und Brandenburg gang und gäbe. Vertreter Russlands und Belarus waren bei solchen Anlässen oft und gern gesehene Gäste.
In diesem Jahr jährt sich die Befreiung zum 80. Mal. Die Feierlichkeiten sollten daher ein größeres Gewicht einnehmen und in einem größeren Rahmen stattfinden. Doch Außenministerin Annalena Baerbock will keine Russen bei den Gedenkfeiern in Berlin und Brandenburg. In einer Handreichung hat die scheidende Ministerin den Landkreisen und Kommunen empfohlen, keine Einladungen an russische oder belarussische Diplomaten auszusprechen – und notfalls sogar ungebetene Gäste wieder wegzuschicken. Darüber berichtet die Berliner Zeitung in einem am 04.04.25 erschienen Artikel [1].
Das Schreiben soll der Berliner Zeitung zufolge als geheim eingestuft sein. Die Empfänger wurden demnach ausdrücklich aufgefordert, dafür zu sorgen, dass das Papier nicht in die Öffentlichkeit gelangt [1]. Besonders brisant: „Sollten Vertreter von Russland oder Belarus bei Veranstaltungen im Inland unangekündigt erscheinen, können Einrichtungen in eigenem Ermessen und mit Augenmaß von ihrem Hausrecht Gebrauch machen.“ [1]. Im Klartext: falls Vertreter beider Länder ohne Einladung erscheinen, sollen die Veranstalter sie kurzerhand wieder vor die Tür setzen.
Der Vorgang stellt an sich eine neue Qualität im Verhältnis ostdeutscher Kommunen und der Bundesregierung dar. Denn die Bundesregierung versucht hier nichts Geringeres als den Kommunen direkte Anweisungen zu erteilen. Das Brandenburger Innenministerium von Katrin Lange (SPD) erweist sich hier als Zustelldienst für die Post aus Berlin. Fraglich bleibt, ob sich die Kommunen daran halten werden.
Das BSW in Oberhavel will sich damit nicht zufrieden geben und fordert vorab Antworten. In einer Pressemitteilung der BSW-Unterstützergruppe heißt es dazu: „Wir haben in der Stadtverwaltung Hohen Neuendorf, die für den 22. April zu einer offiziellen Gedenkveranstaltung einlädt, nachgefragt, ob es solche Anweisungen gibt. Sollte sich dies bewahrheiten, werden wir an der offiziellen Gedenkfeier nicht teilnehmen, sondern eine separate Veranstaltung planen – mit den Vertretern der Russischen Botschaft!“, so Dr. Sylvia Scholz, Kreiskoordinatorin und Stadtverordnete des BSW.
In der von Lukas Lüdtke versandten Pressemitteilung, die der BF vorliegt, erklärt die Gruppe weiterhin: „Es ist ein Unterschied, ob man jemanden nicht einlädt oder offiziell dazu aufgefordert wird, bei dessen Erscheinen vom Hausrecht Gebrauch zu machen. Dass die russische Botschaft in den letzten Jahren nicht offiziell eingeladen wurde, haben wir stillschweigend akzeptiert, um das parteiübergreifende Gedenken an die Befreier nicht zum Bestandteil ideologischer Auseinandersetzungen werden zu lassen. Nunmehr ist aber eine rote Linie überschritten worden, die wir nicht mehr tolerieren können. Wer der Befreiung gedenkt, darf die Befreier nicht ausladen!„
BF/JM