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Nebulöse Ergebnisse bei der Bürgermeister-Stichwahl in Velten

Man könnte fast schon in Anlehnung an das Weihnachtslied „Alle Jahre wieder“ sagen: „Alle Wahlen wieder“ sind die Ergebnisse in der Ofenstadt Velten bei der Briefwahl konträr zu denen in den Urnen-Wahllokalen. Daraus ergaben sich Fragen, die der Beisitzer von Pro Velten zwei Tage nach der Stichwahl im Wahlausschuss stellte. Gabriele Schade, auch beigeordnetes Mitglied im Wahlausschuss, berichtet über die Vorgänge in Velten.

Bereits im ersten Wahldurchgang der Bürgermeisterwahl am 21. September 2025 war festzustellen, das die parteilose, bisher in Velten unbekannte Kandidatin Manuela Nebel, in den drei Briefwahllokalen der Stadt die meisten Stimmen holte. Den sozialen Medien konnte man entnehmen, dass sie doch nicht so ganz parteilos ist und der Ortsverband der SPD ihr Unterstützung zugesagt hatte. Die SPD stellte bei dieser Bürgermeisterwahl keinen Kandidaten. Es waren Marcel Siegert (ProVelten), Marco Schulze (AfD), Andreas Müller (CDU) sowie Manuela Nebel (parteilos) angetreten. Im ersten Wahlgang schieden Marco Schulze und Andreas Müller aus. Marcel Siegert und Manuela Nebel waren die beiden Kandidaten für die Stichwahl, die am 12. Oktober 2025 stattfand.

Die Wahlbeteiligung lag im ersten Durchgang bei 58,6 %. An die Wahlurne gingen davon 41,6%.

Der Anteil der Briefwähler lag bei 17 % und 41,4 % der wahlberechtigten Veltener hatten nicht an der Wahl teilgenommen.

An der Stichwahl nahmen dann nur noch 49,3 % der Ofenstädter teil. Dass die Wahlbeteiligung bei Stichwahlen abnimmt, ist ein weitverbreitetes Phänomen. Erstaunlich war dann jedoch das Endergebnis. Marcel Siegert, im ersten Wahldurchgang noch mit 38,8 % führend, verliert gegen die unbekannte Veltenerin Manuela Nebel mit 48,6 % zu 51,4 %. Dieses Ergebnis mutet deshalb unrealistisch an, da Marcel Siegert im Gegensatz zu seiner Konkurrentin eine stadtbekannte Persönlichkeit ist. Er engagierte sich bereits in jungen Jahren für seine Heimatstadt mit dem Verein Veto e.V., war Vorsitzender im Förderverein der Kita Kinderland und Trainer beim SC Oberhavel Velten. Bis heute ist er dort Vizepräsident. Spätestens seit dem Jahr 2013 als Gründungsmitglied des Vereins Pro Velten und dem Einzug der gleichnamigen Wählervereinigung 2014 mit 41,6 % in das Stadtparlament, war er im öffentlichen Leben präsent. 2019 wurde er von der Stadtverordnetenversammlung zum Vorsitzenden gewählt. Dieses Amt übt er bis heute aus. Außerdem ist er seit Jahren Mitglied im Aufsichtsrat der Stadtwerke Velten und der REG.

Beim „MAZ-Talk“ der vor der Bürgermeisterwahl am 15. September 2025 im Kommunikationszentrum stattfand, wurden die Kandidaten gefragt, was sie denn schon alles für Velten getan hätten. Frau Nebel antwortete, dass sie vor vielen Jahren der evangelischen Kita der Stadt den Bodenaushub von ihrem Hausbau gespendet hat. Dort wurde damals Sand für die Außenanlage benötigt.

Manuela Nebel war, bis sie als Bürgermeisterinkandidatin antrat, in Velten völlig unbekannt. Gerade ältere Menschen wählen aber erfahrungsgemäß vertraute Personen. Umso ungewöhnlicher wirkt der starke Stimmenzuwachs ausschließlich über die Briefwahl. Woher stammt dieser Auftrieb bei einer Kandidatin, die vorher nicht präsent war ?

Sie ist in Kremmen als stellvertretende Bürgermeisterin und Fachbereichsleiterin Hauptamt und Finanzen tätig und dürfte somit sicherlich über Erfahrung in Verwaltungsbereichen verfügen. Zwei Tage vor der Bürgermeister-Stichwahl titelte die MAZ folgende Überschrift: “Das Geld wird knapp? Steht Kremmen kurz vor der Pleite?“[1]

Als Verantwortliche für die Finanzen in Kremmen wäre es naheliegend gewesen, den Fokus auf die Klärung der dortigen Haushaltslage zu richten. Eine Zurückstellung der Kandidatur in Velten hätte von ihr in Betracht gezogen werden können. Die AfD in Velten und auch der Stadtverordnete Robert Wolinski hatten in den sozialen Medien ausdrücklich davor gewarnt, eine Kandidatin zu wählen, die ein massives Haushaltsdefizit mitzuverantworten hat.

Nichtsdestotrotz erhält Frau Nebel in der Stichwahl 146 Stimmen mehr als Marcel Siegert. Man fühlt sich an die vorherige Bürgermeisterwahl in 2017 erinnert. Auch hier verlor Marcel Siegert in der Stichwahl. Die Gegenkandidatin war seinerzeit allerdings die amtierende Bürgermeisterin Ines Hübner (SPD). Hier gab es einen Unterschied von 100 Stimmen, die Frau Hübner mehr für sich verbuchen konnte. Auch damals war es so, dass die Ergebnisse der Kandidaten zwischen Urnen- und Briefwahl entgegengesetzt waren [2]. Marcel Siegert führte bei der Urnenwahl und hatte bei der Briefwahl niedrige Ergebnisse. Bei Frau Hübner war es genau andersherum. Schon seinerzeit lag die Vermutung nahe, dass es an den Briefwählern aus den Pflegeeinrichtungen liegen könnte. Die Briefwahlunterlagen werden meistens von Hilfspersonen oder Betreuern angefordert und vermutlich auch ausgefüllt. Ob das immer im Sinne des eigentlichen Wählers passiert ist fraglich. In den drei Briefwahlbezirken Veltens befindet sich zweimal eine Pflegeeinrichtung und einmal ein Heim für geistig Behinderte.

Anhand folgender Tabelle [5], [6] kann man z.B. im Briefwahlbezirk 1-3 erkennen, dass Frau Nebel 132 Stimmen und Herr Siegert lediglich 5 Stimmen mehr erhielten. Das bedeutet, dass fast alle Wähler, die im ersten Wahldurchgang die beiden ausgeschiedenen Kandidaten Andreas Müller CDU (86 Stimmen) und Marco Schulze AfD (54 Stimmen) gewählt haben, ihre Stimmen Frau Nebel gegeben haben. Das ist für die CDU-Wähler durchaus denkbar, jedoch nicht für die AfD-Wähler. Diese nutzen traditionell nur eingeschränkt die Briefwahl. Umso drängender stellt sich die Frage, wie diese auffallend hohe Anzahl Briefwahlstimmen für Frau Nebel zustande gekommen sind.



Stichwahl 12.10.2025Erster Wahldurchgang 21.09.2025
Lfd. Nr.WahllokalSiegertNebelSchulzeSiegertMüllerNebel
1Rugbyplatz24321611322953156
2Caritas-Seniorenzentrum21718010518368166
3Kommunikationszentrum24821611322250180
4Hedwig-Bollhagen-Gymnasium20914910019222138
5Kita Villa Regenbogen23916712020437138
6Barbara-Zürner-Oberschule2072229120553152
7Bürgerhaus Velten-Süd1411409515733134
8Turnhalle Velten-Süd1731311171563695
9Rote Villa2142347724038169
10Briefwahlbezirke 1-32253975422086265
11Briefwahlbezirke 4-62313586520090268
12Briefwahlbezirke 7-92072906120364204

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Im Wahlausschuss, der zwei Tage nach der Stichwahl stattfand, äußerte das von Pro Velten beigeordnete Mitglied gleich zu Beginn der Sitzung, dass er das Ergebnis der Wahl anzweifelt. Er legte der Wahlleitung, bestehend aus der Vorsitzenden Frau Schmeck und dem Stellvertreter Herrn Skzripzek, ein Schreiben vor, in dem mehrere Fragen zur Briefwahl aufgelistet waren. Gleichzeitig forderte er Einsicht in die Wahlunterlagen und eine Nachzählung der Stimmzettel. Auch wollte er die Anzahl der bestellten Stimmzettel wissen und wie hoch der Restbestand nach der Wahl sei. Frau Schmeck überflog die Fragen und sagte, dass sie nicht alle sofort beantworten könne. Die Antwort darauf werde schriftlich in den nächsten Tagen erfolgen. Pro Veltens Vertreter ließ nicht locker und stellte weiter Fragen. Die Wahlleiterin sagte dann, dass dieses nicht die Aufgabe des Wahlausschusses sei und drängte darauf, dass die Beisitzer die Überprüfung der Wahlprotokolle und der dazugehörigen Unterlagen vornehmen, da das die vornehmliche Arbeit des Ausschusses sei.

Nachdem die Überprüfung und sich daraus ergebene Fragen geklärt und abgeschlossen waren, sollte die Niederschrift von allen Beisitzern unterschrieben werden. Der Pro Veltener weigerte sich, da er befürchtete mit seiner Unterschrift die Wahl zu bestätigen. Er wollte zuerst die Stimmzettel nachzählen sowie die Fragen beantwortet haben und beantragte deshalb eine Unterbrechung. Herr Skzripzek erklärte, dass mit der Unterschrift lediglich die auf dem Tisch liegenden geprüften Unterlagen bestätigt werden. Unbenommen davon bestünde aufgrund der zweiwöchigen Einspruchsfrist die Möglichkeit der Nachzählung der Stimmzettel. Der Beisitzer von Pro Velten äußerte weiterhin seine Zweifel an der Briefwahl. Frau Schmeck wiederholte die Aussage ihres Stellvertreters und ergänzte, dass eine Zählung jetzt hier nicht möglich sei. Ich fragte, ob die Stimmzettel nachträglich gezählt werden könnten. Diese Frage wurde von Frau Schmeck mit „Ja“ beantwortet. Der Pro Veltener wollte seine Bedenken und die abgelehnte Sitzungsunterbrechung mit in das Protokoll aufgenommen haben. Das wurde abgelehnt. Es wurde nochmals von der Wahlleitung geäußert, dass die Unterschrift ausschließlich die vorliegenden geprüften Unterlagen bestätigen würde. Die Niederschrift wurde dann von der Wahlleiterin Frau Schmeck vorgetragen und von allen Beisitzern unterschrieben. Damit war die Wahlausschusssitzung beendet.

Die von dem Pro Veltener gestellten Fragen sollten bis zum darauffolgenden Freitag, den 17. Oktober 2025 schriftlich beantwortet werden. Dieser Termin konnte nicht eingehalten werden. Die Antwort der Wahlleiterin Frau Schmeck erfolgte dann drei Tage später.

Darin wurde u.a. mitgeteilt, dass eine Nachzählung nicht möglich sei. Am nächsten Tag erfolgte auf telefonische Nachfrage die Information, dass mit der Unterschrift auf der Niederschrift das Wahlergebnis gültig und eine Nachzählung nicht mehr möglich sei.

Ich nahm deshalb per E-Mail Kontakt zur Wahlleiterin auf und forderte sie aufgrund §16 Abs.5 Brandenburgisches Kommunalwahlgesetz [3] auf, den Wahlausschuss zur Überprüfung der Wahlunterlagen sofort einzuberufen. Das wurde mit der Begründung abgelehnt, dass der substantielle Vortrag fehle und nur binnen einer Woche eine Abänderung des Wahlergebnisses erfolgen kann. Der Wahlausschuss habe lediglich das Recht auf Nachprüfung der Entscheidungen der Wahlvorstände. Das sei in der Sitzung am 14. Oktober 2025 erfolgt. Gleichzeitig bat ich darum, mir die Sitzungsniederschrift und das Protokoll zur Verfügung zu stellen. Ich erhielt die Antwort, dass dieses mangels Rechtsgrundlage unzulässig sei.

Pro Velten teilte am 25. Oktober 2025 über eine Pressemitteilung mit, dass gegen das Wahlergebnis Einspruch eingelegt wird. Die Brandenburger Freiheit berichtete bereits darüber [4]. Diesem Einspruch habe ich mich angeschlossen.

[1] https://www.maz-online.de/lokales/oberhavel/kremmen/kremmen-steht-die-stadt-kurz-vor-der-pleite-schwierige-finanzlage-XDEYUOGC5VHYZKVTO46FLLGD3Y.html
[2] https://transfer.velten.de/wahlen/sw2017.html
[3] https://bravors.brandenburg.de/gesetze/bbgkwahlg#16
[4] https://brandenburgerfreiheit.de/buergermeisterwahl-in-velten-pro-velten-legt-wahleinspruch-ein/
[5] https://wahlergebnisse.brandenburg.de/650332332/710/20251012/buergermeisterwahl_gemeinde/index.html
[6] https://wahlergebnisse.brandenburg.de/650332332/700/20250921/buergermeisterwahl_gemeinde/index.html

Text: Gabi Schade

www.brandenburgerfreiheit.de

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