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Offener Brief an den Botschafter der Russischen Föderation

Vor dem Museum in Berlin-Karlshorst weht aktuell die ukrainische Fahne. Am 8. Mai 1945 unterzeichneten hier die deutschen Oberkommandierenden von Heer, Marine und Luftwaffe Deutschlands bedingungslose Kapitulation. Das Fehlen der russischen Fahne an diesem Ort stimmt Hildegard Vera Kaethner nachdenklich. In einem offenen Brief an den russischen Botschafter bittet sie um Entschuldigung.

Sehr geehrter Herr Botschafter der Russischen Föderation Sergej Jurjewitsch Netschajew,

bei meinem Besuch am 23.07.d.J. des Museums Berlin in Karlshorst war nur die ukrainische Fahne vor dem Museum gehisst. Es ist dieses Museum, das die Geschichte der sowjetischen Befreiung durch die Rote Armee Deutschlands vom Hitlerfaschismus wahrheitsgemäß wiederzugeben und den historischen Kontext der Bestrebungen der konsequenten Ausrottung des Militarismus und Faschismus in Ostdeutschland darzustellen hat. Für die nicht gehisste russische Fahne vor diesem Museum bitte ich Sie um Entschuldigung. Ich bin Tochter eines Kommunisten, der den 2. Weltkrieg erlebte und sich schwor, dass von deutschem Boden nie wieder kriegerische Handlungen ausgehen dürfen. Ich weiß sehr konkret, dass Gesamt-Berlin von der Sowjetarmee befreit wurde und die Rote Armee aus russischen und ukrainischen Völkern bestand. Die über 20 Mio. Toten der einstigen Sowjetunion im 2.Weltkrieg den imperialen deutschen Faschismus sind Millionen Menschen in Ostdeutschland unvergessen.

Die Entscheidung der deutschen Bundesregierung zur Waffenlieferung spiegelt nicht die Überzeugung der deutschen Bevölkerung wider; 70 % der Ostdeutschen lehnen deutsche Waffenlieferungen in die Ukraine ab und erwarten stattdessen endlich deutsche Diplomatie.  Jeder der in Ostdeutschland, der in der ex DDR groß geworden ist, ist mit dem Begriff der Völkerverständigung und des dialektischen Denkens aufgewachsen. Dazu gehört das Wissen um die Zusagen des US-Außenministers Baker und des BRD Außenministers Genscher im Jahr 1990 keine weitere NATO Osterweiterung und keine kriegerischen Handlungen, dies gilt insbesondere für die ex DDR nach der Wiedervereinigung beider deutschen Staaten, vorzunehmen.

Nicht nur ich, sondern viele Deutsche denken über den 2plus 4 Vertrag, der die Wiedervereinigung auf völkerrechtlicher Ebene möglich machte, nach. Bei einer Lesung der hoch geschätzten Frau Prof. Krone – Schmalz im April d. J in Rüdersdorf, wurde sie aus dem Publikum nach ihrer Meinung zu dem Kündigungsthema und deren Auswirkungen befragt. Es ist für mich, als auch für viele aus der Friedensbewegung – der ich angehöre – eine quälende Frage. Allerdings werden die Stimmen aus den Reihen der Friedensbewegung, die sagen, dass die Friedensverpflichtung im Art. 2 ff. dieses Vertrages bereits einseitig durch das bundesrepublikanische Regierungshandeln gebrochen wurde, immer lauter. Sollten die Duma Abgeordneten eine Kündigung des Vertrages in Betracht ziehen, dann bitte ich im Namen von Millionen friedliebenden Menschen – dass die ex DDR, ex Sowjetische Besatzungszone von der russischen Regierung nicht als Feindesland gesehen wird und eine Möglichkeit für eine neutrale-Friedenszone als Brücke für eine weitergehende Entspannung und Abbau der Sanktionen geschaffen wird.

Ich sage dies auch im Namen der verstorbenen Widerstandskämpfer und später in der DDR Lebenden, wie beispielsweise die deutsche jüdische Kommunistin Ursula Beurton, geborene Kuczynski, alias Ruth Werner, die als Kundschafterin der UdSSR ihr Leben im Kampf gegen den Hitlerfaschismus unter anderem in Shanghai aufs Spiel setzte. Ich darf diese mutige Frau besonders erwähnen, da meine Eltern mit ihr befreundet waren und auch ich sie noch persönlich erleben durfte. Mir sind die Berichte meiner Eltern sehr präsent. Mein Vati war unter Heinrich Rau, dem damaligen Außenhandelsminister und einstigen Widerstandskämpfer bei den Internationalen Brigaden in Spanien, tätig. Mein Vati, ein Antifaschist der als KPD – Mitglied gemeinsam mit SPD-Mitgliedern half den nach 1945 SMAD Befehl Nr.51 zur Wiedererrichtung und Tätigkeit der Kulturinstitutionen vom 25.Sept. 1945 unter den maßgeblich für die Kulturarbeit Verantwortlichen Oberst Sergej Tjulpanow, umzusetzen. Dieser SMAD Befehl, dessen Kern die Eliminierung von Kriegs- und Naziliteratur auch in Form von Neugründung von Druckereien und Verlagen, wurde konsequent in der ex SBZ umgesetzt. So entstanden in jedem ostdeutschen Land Verlagsanstalten; wie in Brandenburg die Märkische Druckerei- und Verlagsanstalt Potsdam. Geschäftsführer waren Erich Jaab (KPD ) und Erich Bredow (SPD).
Sehr geehrter Herr Botschafter, ich verweise in diesem Zeitpunkt darauf, weil heute am So. 28.7.; gg.7.15 Uhr im inforadio Berlin / Brandenburg ein Interview, das die Moderatorin Frau Sabine Matthay mit dem Juristen Dr. Prantl zu hören war. Die Fragen der Frau Matthey, `deren Sender von den Bürgern per Abgabenpflicht finanziert wird, war überaus einseitig und nach meiner Wahrnehmung per se russlandfeindlich. Die Fragen enthielten vorab eine einseitige Schuldzuweisung an die Russische Föderation bezogen auf die kriegerischen Handlungen im Ukrainekrieg. Im Info Radio Rbb werden seit Monaten diese Einseitigkeiten zelebriert. Es werden weder die Ursachen noch die Wechselwirkungen, die diesem kriegerischen Konflikt vorausgingen, gebührend dargestellt.

Auch ich erhebe mein Stimme gegen diese kriegslüsterne Berichterstattung  des öffentlich rechtlichen Rundfunks und verweise auf die Dokumente des Ostdeutschen Kuratoriums von Verbänden (OKV) , die in Ihrer Publikation die Texte der Konferenz vom 27.März 2023 „Dialog statt Waffen“- überparteilich gegen den Krieg – herausgegeben von Herrn Joachim Bonatz – darlegten.
In dieser Konferenz kamen unter anderem Wolfgang Effenberger: „Im Krieg gab es weder Freiheit noch Diplomatie“, Tino Eisbrenner: „Besinnt euch der kulturellen Werte! Diplomatie ist Kultur“, Gerhard Matthes: „Das Panzerdenkmal in Kienitz“ zu Wort.

Die Konferenz endete mit der Erschließung: Dialog statt Waffen.

Ich werde mit all meinen kleinen Kräften gegen tendenziöse Berichterstattung und Kriegslüsternheit gegen Russland auftreten. Ich stehe an der Seite derer, die sich für Frieden und Völkerverständigung und gegen die Waffenhersteller, die ihre Gewinne mit dem Blut von Hunderttausenden Menschen aller Nationen, die in den Krieg gesandt werden, skrupellos `er`wirtschaften.

Ich bin der Überzeugung, dass eine Friedenszone, beginnend in der ex SBZ mit Blick auf den 2 plus 4 Vertrag (August 1990), der die Wiedervereinigung ermöglichte, nötig ist.

Für Frieden und mit freundschaftlichen Grüßen

Hildegard Vera Kaethner, geb. Jaab
Grünheide, 28.07.2024

Foto: Hildegard Vera Kaethner

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