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Oranienburg: Im Schatten des neuen Umspannwerkes

Für die Eile bei der Errichtung des neuen Umspannwerkes zahlen die Anwohner einen hohen Preis. Bert Kollmann erläutert im Interview mit der BF, wo die Probleme liegen und wie sich die von ihm mit gegründete Bürgerinitiative wehrt.

BF: Ihre Initiative wendet sich gegen den Bau des Umspannwerkes in Oranienburg am dafür vorgesehenen Standort. Es soll helfen, die Stromversorgungsprobleme der Stadt zu lösen. Wo liegen nach Ihrer Ansicht die Probleme?

B. Kollmann: Zunächst möchte ich festhalten, dass wir nicht generell gegen ein neues Umspannwerk in Oranienburg sind. Allerdings wurden in diesem Fall wesentliche Prinzipien wie die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens schlicht nicht angewandt. Das Grundstück wurde von der Stadt kurzer Hand gekauft und den Stadtwerken übergeben.

Nachdem die Entscheidung über den Bau gefallen war, wurde von den Stadtwerken innerhalb von nur 1 Woche eine Einwohnerversammlung einberufen. Die Veranstaltung hinterließ aber mehr Fragen als Antworten. Der anwesende Vertreter war nicht kompetent genug. Daraufhin legte ich eine Petition [1] auf und die Bürgerinitiative gründete sich. Was mich persönlich regelrecht entsetzt hat, ist dass die Stadtwerke offenbar registrieren, wer die Petition unterzeichnet hat.

Die Probleme mit dem Standort sind schnell umrissen: In unserer Siedlung leben 28 Kinder. Für sie und auch für die Erwachsenen sehen wir eine Gesundheitsgefährdung durch Licht- und Elektrosmog. Der Industriebau passt auch einfach nicht in unsere Wohngegend. Er wird Flora und Fauna zerstören. Nicht zuletzt erfahren unsere Häuser und Grundstücke eine erhebliche Wertminderung durch den Bau. Vor 7 Jahren, als wir sie kauften, war das hier ein neues Baugebiet und der Bau des Umspannwerkes nicht absehbar. Zudem muss man Umspannwerke in der heutigen Zeit als strategische Angriffsziele ansehen. Die Nähe zu unserem Wohngebiet wird damit noch weniger verständlich.

Gelände des neuen Umspannwerkes vor der Rodung, Foto: privat
Gelände des neuen Umspannwerkes nach der Rodung, Foto: privat

BF: Was wären nach Ihrer Ansicht die Alternativen für den Bau eines Umspannwerkes?

B. Kollmann: Die Alternative liegt nur ca. 350m entfernt. Ein freies Feld und der Eigentümer wäre wohl auch zum Verkauf bereit gewesen. Es scheiterte an den Mehrkosten von 3 Mio. Euro, was rund 8% der Gesamtkosten des Projektes ausmacht. Unser Vorschlag, das Geld über einen Spendenaufruf zusammenzubringen wurde abgelehnt.

BF: Glauben Sie, dass das gesamte Verfahren ohne die Stromnotlage in Oranienburg anders verlaufen wäre?

B. Kollmann: Schwer zu sagen. Auf jeden Fall ist es so, dass es mit einer soliden, langfristigen Planung für die Käufer der angrenzenden Grundstücke eine andere Entscheidungsbasis gegeben hätte.

BF: Wie haben Ihre Ansprechpartner bei den Stadtwerken und in der Stadtverwaltung bislang auf Ihre Einwände reagiert?

B. Kollmann: Nachdem wir uns an die Regionalpresse gewandt hatten und auch der RBB auf die Angelegenheit aufmerksam wurde, kam es tatsächlich zu einem Termin mit Bürgermeister Laesicke. Das Gespräch fand im Beisein eines Prokuristen und in äußerst unterkühlter Atmosphäre statt. Unsere Erwartungen an Herrn Laesicke war ganz einfach. Wir wollten Antworten auf die offenen Fragen aus der Einwohnerversammlung erhalten und mehr über das Projekt erfahren. Doch diese Erwartungshaltung wurde enttäuscht. Im Grunde ging von ihm nur eine Botschaft aus: Egal wie, das Ding wird gebaut!
Unser Gespräch mit dem Geschäftsführer der Stadtwerke verlief nicht wesentlich erfolgreicher. Hr. Grabowski bot Mitbestimmung bei der Bepflanzung des Grundstückrandes an. Das war’s.

BF: Wie wollen Sie gegen den geplanten Bau künftig vorgehen? Ziehen Sie juristische Mittel in Betracht?

B. Kollmann: Ja. Da wir auf dem normalen Weg nicht weiter kamen, entschloss ich mich, einen Rechtsanwalt zu beauftragen.
Wir rechnen damit, dass zum Bauantrag im Sommer eine Genehmigung erteilt wird. Dann läuft eine 4-wöchige Einspruchsfrist. Auf Druck unserer Bürgerinitiative wird die Bauaufsichtsbehörde den Anwohnern die Baugenehmigung zustellen. Wir werden sie prüfen und wahrscheinlich einen
Widerspruch einlegen. Ein entsprechendes Mandat wurde unserem Anwalt bereits erteilt.
Übrigens nehmen wir auch gern den Rat von Bürgern mit einschlägigen Kenntnissen im Baurecht an. Wer Erfahrungen mit solchen oder ähnlichen Problemen hat, kann sich gerne bei uns melden.

BF: Rechnen Sie mit einer breiten Unterstützung der Oranienburger? Von den Nachteilen des aktuellen Umspannwerkes sind letztlich nur wenige betroffen.

B. Kollmann: Das mag sein. Aber wir wollen uns später keine Vorwürfe machen lassen, nicht alles versucht zu haben.
BF: Hr. Kollmann, vielen Dank für das Gespräch.

Das Gespräch führte Jan Müggenburg für die Brandenburger Freiheit.


[1] https://click.e.change.org/f/a/xLyh8oDOYXWIb6vHnT0Aug~~/AANj1QA~/RgRoOsgpP4RZAWh0dHBzOi8vd3d3LmNoYW5nZS5vcmcvcC9iw7xyZ2VyYW5ow7ZydW5nLXVuZC1iw7xyZ2VyYmV0ZWlsaWd1bmctaW4tb3JhbmllbmJ1cmcvc2lnbmF0dXJlcy9jb25maXJtP2NzX3RrPUFvVzIxMERPLWVMQ1NhazNYR1lBQVhpY3l5dk55UUVBQkY4QnZIMjBHU2Z1a0ZPY3ptRzZDTFEzVE9ZJTNEJnRva2VuPTFiODJmMjgyLTY4Y2ItNDAxMS1hYmU0LTE0MmI3M2JmYzFhMiZ1dG1fY2FtcGFpZ249MmM4MjM1MTVmNzRjNGE0NWIwZTEwNTVlZjlmYTkwOGImdXRtX2NvbnRlbnQ9aW5pdGlhbF92MF8yXzAmdXRtX21lZGl1bT1lbWFpbCZ1dG1fc291cmNlPWd1ZXN0X3NpZ25fbG9naW5fbGluayZ1dG1fdGVybT1jc1cDc3BjQgpmVClDWGb4_2NbUhliZXJ0LmtvbGxtYW5uQHQtb25saW5lLmRlWAQAAAAC

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