Manch ein Landrat mag gehofft haben, dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht an ihm vorüberzieht wie ein dunkler, gespenstischer Schatten. Doch der Gesetzgeber weist unwiderruflich den Landkreisen die Verantwortung für ihre Umsetzung zu. Rettung aus dem Bundestag ist nicht in Sicht. Selbst jene Abgeordneten, die im April noch gegen die allgemeine Impfpflicht stimmten, unternehmen aktuell nichts.
Dabei lassen sich die Argumente, die gegen eine allgemeine Impfpflicht sprachen praktisch 1:1 auf die einrichtungsbezogene Impfpflicht übertragen. Entscheidend ist dabei vor allem, dass sich ein Übertragungsschutz Geimpfter – das zentrale Motiv für die einrichtungsbezogene Impfpflicht [1] –
einfach nicht nachweisen lässt.
Auch in den Chefetagen der Einrichtungen von Medizin und Pflege gibt es nur wenige, die den Verlust von qualifiziertem ungeimpftem Personal in Kauf nehmen wollen. Schon vor der Corona-Krise litt die Branche unter einem akuten Fachkräftemangel.
Dennoch ist ein Aufbegehren bei den Landräten und Einrichtungsleitern eher unwahrscheinlich. Zu fest sind sie im System verwurzelt und von ihm abhängig. Wahrscheinlicher ist es, dass vorhandene Spielräume zugunsten der Ungeimpften und damit auch zugunsten der Versorgungssicherheit ausgenutzt werden.
Spielräume sind in begrenztem Maße vorhanden. Voraussetzung ist allerdings, dass die Einrichtung dem Gesundheitsamt eine Versorgungsgefährdung für den Fall signalisiert, dass gegenüber dem betreffenden Mitarbeiter ein Betretungsverbot für die Einrichtung ausgesprochen wird. Ob das Gesundheitsamt ein Bußgeld verhängt und in welcher Höhe, liegt bislang in seinem Ermessen. Der Gesetzgeber sah hier Bußgelder in Höhe von bis zu 2.500,- Euro vor [2]. Aktuell sind keine „ermessenslenkenden“ Anweisungen über einheitliche Bußgelder aus dem Brandenburger Gesundheitsministerium bekannt. Anders verhält es sich beim Aussprechen von Betretungsverboten. Sie sind erklärter politischer Wille von Ministerin Nonnemacher [3].
Der formale Prozess zur Erfassung von Nachweisen über den Impfstatus, den Genesenenstatus oder eine Kontraindikation ist zeitnah zum 15.03.22 angelaufen. Erfasst wurde neben der jeweiligen Nachweisart auch ein ggf. vorhandenes Ablaufdatum [4], z.B. bei Genesenen oder Personen mit einer temporären Kontraindikation.
Der Nachweis ist von den Beschäftigten übrigens nur gegenüber der Einrichtungsleitung zu erbringen, nicht gegenüber dem Gesundheitsamt. Betroffene müssen den Nachweis auch nur vorlegen. „Das bedeutet, in den Nachweis darf zunächst nur Einsicht genommen werden. Dieser Nachweis darf daraufhin geprüft werden, ob er den oben genannten gesetzlichen Bestimmungen entspricht. … Der vorgelegte Nachweis darf nicht kopiert oder eingescannt und aufbewahrt werden.“. Hierauf wies die Datenschutzkonferenz (DSK) in ihrem Beschluss vom 13.04.2022 hin [4].
Unterdessen sickern die ersten Daten über ungeimpftes Personal in die Öffentlichkeit [5]. Die Angaben bilden aktuell nur die Spitze des Eisberges. Das wahre Ausmaß lässt sich nur erahnen. Die kommenden Wochen werden für Betroffene und politische Entscheidungsträger zur Zerreißprobe. Halten die ungeimpften Beschäftigten dem Druck stand? Riskieren die Landesregierungen und der Bundestag die Versorgungssicherheit der Bevölkerung zugunsten einer politisch gewollten Impfung? Falls die Landkreise ohne Rücksicht auf die Folgen Betretungsverbote aussprechen, wird es im kommenden Herbst und Winter ganz sicher zu der oft beschworenen Überlastung des Gesundheitswesens kommen – dieses Mal wirklich.
Dieser Beitrag erschien zuerst am 14.05.2022 auf dem Telegram-Kanal der Brandenburger Freiheit, https://t.me/Brandenburger_Freiheit/48 .
[1] https://dserver.bundestag.de/btd/20/001/2000188.pdf
[2] https://www.gesetze-im-internet.de/ifsg/__73.html
[3] https://msgiv.brandenburg.de/msgiv/de/presse/pressemitteilungen/detail/~18-02-2022-brandenburg-setzt-einrichtungsbezogene-corona-impfpflicht-um
[4] https://www.lda.brandenburg.de/lda/de/datenschutz/institutionen-und-dokumente/entschliessungen/dsk-datenverarbeitung-bei-einrichtungsbezogener-impfpflicht/
[5] https://t.me/Brandenburger_Freiheit/46