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Brandenburger Landtag lehnt Erfassung von Impfnebenwirkungen ab

Die Ablehnung des AfD-Antrages im Landtag ist keine große Überraschung. Dennoch förderte die Debatte Erkenntnisse über den Wissensstand bei den Abgeordneten und einige bemerkenswerte Einsichten zutage.

Worum ging’s? Der AfD-Antrag [1] zielte darauf ab

  • Nebenwirkungen und Impfschäden durch Corona-Impfungen sorgfältig zu erfassen
  • Ambulanzen für Impfgeschädigte in Brandenburg einzurichten
  • dass Impfgeschädigte im Gesundheits- und Versorgungswesen angemessen Gehör finden
  • und darauf, dass Brandenburg von einer eigenen Impfkampagne, insbesondere von der geplanten Impfkampagne für Kinder und Jugendliche Abstand nimmt.

Dr. Daniela Oeynhausen, die gesundheitspolitische Sprecherin der AfD-Fraktion verwies in ihrer Antragsrede darauf, dass Impfnebenwirkungen zu einem „staatlichen Tabu“ geworden sind. Oeynhausen’s Vorwurf:

„Die Chefs in den Behörden, die wollen es nicht hören und auch die Landesregierung will das nicht so genau wissen.“ [2].

Vor allem junge Menschen, insbesondere junge Frauen seien betroffen und fänden keine Anlaufstelle, so Oeynhausen. In Bezug auf die Kinderimpfung verwies Dr. Oeynhausen darauf, dass die meisten Kinder bereits eine Infektion durchgemacht hätten und somit gut immunisiert seien.

„Vermutlich schadet die Impfung Kindern mehr, als dass sie ihnen hilft.“ [2],

so Oeynhausen weiter.

Björn Lüttmann, Sprecher für Verbraucherschutz der SPD-Fraktion, bemerkt in der Debatte, dass die „Corona-Schutzimpfungen“ Zehntausende Menschenleben gerettet haben sollen und verweist dazu auf Berechnungen des Robert-Koch-Instituts [3] einer Bundesbehörde, die dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) unterstellt ist [4]. Das BMG ist selbst für die Beschaffung von mehr als 660 Millionen Dosen der Corona-Impfung verantwortlich [5]. Mit dieser Menge kann jeder Deutsche – vom Baby bis zum Greis – etwa 8 Mal geimpft werden. Der Gesamtwert der bestellten Vakzine beträgt rund 12,5 Mrd. Euro [5].

Zum Risikopotenzial der Impfstoffe räumt Lüttmann ein:

„Es liegt auf der Hand, dass Impfstoffe, die vorläufig zugelassen werden und schnell auf den Markt kommen ein höheres Risiko unerwarteter Nebenwirkungen beinhalten können als solche, die lange in Studien getestet werden.“ [3].

Unerwartet stützt Lüttmann damit die Position jener Bürger, die der Impfung lange Zeit skeptisch gegenüber standen oder sich bis heute nicht impfen ließen.

Doch damit nicht genug. In Bezug auf die Lockdown-Maßnahmen und die Impfungen bemerkt Lüttmann:

„Und es ist keine Überraschung und war immer zu erwarten, das sowohl die Eindämmungsmaßnahmen wie auch die Impfungen einerseits für viele Menschen Schutz bieten und andererseits für einige Menschen auch negative Folgen bzw. Nebenwirkungen haben könnnen. Dies sehen wir heute. Wir arbeiten es auf und ziehen unsere Schlüsse daraus.“ [3].

Dieser Teil in Lüttmanns vorgelesener Rede stellt klar, dass sich zumindest er, vermutlich aber auch die gesamte SPD-Fraktion und auch die Landesregierung über die negativen Folgen der Lockdown-Maßnahmen und der Impfkampagne schon im Vorfeld im Klaren waren. Offen bleibt jedoch, ob sich für Betroffene hieraus juristische Perspektiven auf dem Klageweg ergeben.

Ronny Kretschmer (Die Linke) verweist in seinem Redebeitrag [6] auf Zahlen der Landesregierung, die auch im AfD-Antrag genannt sind [1], [7]. Demnach wurden dem in Brandenburg dafür zuständigen Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (LAVG) bis zum 20.09.2022 lediglich 143 Verdachtsmeldungen auf eine „über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehende gesundheitliche Schädigung im zeitlichen Zusammenhang mit einer Covid-19-Impfung“ gemeldet [1], [7]. Dies ist eine in der Tat sehr geringe Zahl.

Laut Angaben der Landesregierung liegt die Melderate an Impfnebenwirkungen auf 1000 Impfungen bei etwa 0,03% oder 0,0003 Meldungen auf 1000 Impfungen. Es ist davon auszugehen, dass nur schwere Nebenwirkungen dem im Brandenburg dafür zuständigen LAVG gemeldet werden. Laut aktuellem Sicherheitsbericht des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) liegt die Quote der Meldungen in dieser Kategorie bundesweit bei 0,3 auf 1000 Impfdosen [8] und somit um den Faktor 1000 (!) höher. Dabei ist die in den PEI-Zahlen enhaltene Untererfassung noch gar nicht berücksichtigt. Warum Kretschmer angesichts dieses eklatanten Unterschieds zum Bundesdurchschnitt in den genannten Zahlen nicht eher ein Argument für eine Erfassung von Impfnebenwirkungen sieht, blieb unklar.

Péter Vida, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, verwies darauf, dass die Zahl aller Impfnebenwirkungen bei 1,8 Meldungen auf 1000 Impfdosen liegt [10]. Diese Angabe findet sich auch im letzten Sicherheitsbereicht des PEI [8]. Während Vida keine Bewertung dieser Angabe vornahm, pochten Lüttmann und Kretschmer mit Blick auf die schweren Nebenwirkungen darauf, dass diese „sehr, sehr selten“ (Lüttmann) sind.

Doch was ist „selten“ und was ist „häufig“? Die Begriffe sind relativ. Einen Anhaltspunkt bietet ein Vergleich mit den verschiedenen Masernimpfstoffen, die als gut erforscht gelten.

Das PEI hatte für die in Deutschland freigegebenen Impfdosen eines masernhaltigen Einzel- oder Kombinationsimpfstoffs die Nebenwirkungen über 12 Jahre untersucht und dabei eine mittlere Melderate von ca. 5,7 Fallmeldungen auf 100.000 Impfdosen ermittelt [9]. Damit liegt die Häufigkeit von Nebenwirkungen bei den zugelassenen Covid-19-Impfstoffen rund 31,6 mal höher als bei den bekannten Masernimpfstoffen.

[1] https://www.parlamentsdokumentation.brandenburg.de/starweb/LBB/ELVIS/parladoku/w7/drs/ab_6500/6554.pdf
[2] https://www.rbb-online.de/imparlament/brandenburg/2022/16–november-2022/16__november_2022_-_75__Sitzung_des_Brandenburger_Landtags/daniela-oeynhausen–afd—top13-.html
[3] https://www.rbb-online.de/imparlament/brandenburg/2022/16–november-2022/16__november_2022_-_75__Sitzung_des_Brandenburger_Landtags/bjoern-luettmann–spd—top13-.html
[4] https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/gesundheitswesen/staatliche-ordnung/bundesbehoerden.html
[5]https://www.tagesschau.de/investigativ/report-mainz/impfdosen-117.html
[6] https://www.rbb-online.de/imparlament/brandenburg/2022/16–november-2022/16__november_2022_-_75__Sitzung_des_Brandenburger_Landtags/ronny-kretschmer–die-linke—top13-.html
[7] https://www.parlamentsdokumentation.brandenburg.de/starweb/LBB/ELVIS/parladoku/w7/drs/ab_6400/6476.pdf
[8] https://www.pei.de/SharedDocs/Downloads/DE/newsroom/dossiers/sicherheitsberichte/sicherheitsbericht-27-12-20-bis-30-06-22.pdf?__blob=publicationFile&v=6
[9] https://www.pei.de/SharedDocs/Downloads/wiss-publikationen-volltext/bundesgesundheitsblatt/2013/2013-sicherheit-impfstoffe-masern-mumps-roeteln.pdf?__blob=publicationFile&v=2
[10] https://www.rbb-online.de/imparlament/brandenburg/2022/16–november-2022/16__november_2022_-_75__Sitzung_des_Brandenburger_Landtags/peter-vida–bvb-freie-waehler—top13-.html