Anfang des Jahres sorgte das Friedensbündnis Bernau-Panketal mit einer ganzseitigen Anzeige in der Berliner Zeitung für Aufsehen. Am 1. September soll ein Friedensfestival in Bernau folgen. Im Interview mit der Brandenburger Freiheit äußert sich Thomas Marquard, der Sprecher der Initiative, über die Pläne des Bündnisses für die Zukunft und über die Nachteile dezentraler Proteste. Außerdem erläutert Marquard, wie er sich den Umgang mit der AfD vorstellt.
BF: Im März diesen Jahres hatte Ihre Initiative mit einer ganzseitigen Anzeige in der Berliner Zeitung für viel Aufmerksamkeit gesorgt. Die Brandenburger Freiheit berichtete. Wie bewerten Sie im Nachhinein diese Aktion?
T. Marquard: Die Anzeige war ein Fanal, denn sie war von allen 3 großen Friedensbündnissen in Brandenburg unterschrieben. Alle 3 unter einem Hut, das war bis dahin einmalig. Wir dürfen nicht vergessen, die Zeitung wird auch im Regierungsviertel gelesen und gehört zum Pressespiegel im Auswärtigen Amt. Die Reaktionen waren insgesamt sehr positiv. Wir sprachen aus, was viele dachten.
BF: Etwa ein Jahr zuvor – im Februar 2023 – versprühte die Demo von Alice Schwarzer und Sarah Wagenknecht in Berlin noch die Hoffnung, dass aus ihrem „Aufstand für den Frieden“ (Motto der Demo) der Beginn einer neuen Friedensbewegung werden könnte. Danach gingen von beiden Frontfrauen keine nennenswerten Friedensaktionen mehr aus. Müssen sich die Bürger daran gewöhnen, selbst Verantwortung zu übernehmen anstatt sich hinter prominenten Persönlichkeiten zu verstecken?
T. Marquard: Auch wir hatten die Demo von Fr. Wagenknecht und Fr. Schwarzer unterstützt. Natürlich stand danach die Frage im Raum, wie es weiter gehen sollte. Für uns war klar, dass wir weiter aktiv bleiben wollten. Deshalb gründeten wir zu viert das Friedensbündnis Panketal. Eine Versammlung in unserem kleinen Ort mit 140 Teilnehmern zeigte, wie ernst es vielen Menschen mit dem Thema ‚Frieden‘ ist. Darum traten wir mit dem Runden Tisch Bernau in Kontakt, aus dem heraus sich das Friedensbündnis Bernau gründete. Eine spätere Fusion mit unserer Initiative führte dann zum Friedensbündnis Bernau-Panketal. Diese Entwicklung belegt, dass es auch ganz ohne prominente Zugpferde geht.
Wir sollten uns immer wieder klar machen, was ein 3. Weltkrieg bedeutet. Jeder von uns, der möchte, das unsere Kinder und Enkel in Frieden aufwachsen, muss selbst Verantwortung übernehmen. Dass das möglich ist, zeigt nicht nur unsere Entstehungsgeschichte. Auch die oben bereits erwähnte Anzeige in der Berliner Zeitung hat das bewiesen. Sie wurde ausschließlich durch Spenden von Bürgern finanziert.

Foto: Spree-PR/Petsch
BF: Friedensbündnis Bernau-Panketal, Bündnis für Frieden Brandenburg, Friedenskoordination Potsdam und die vielen Grundrechtsinitiativen, die in der Corona-Krise entstanden. Sie alle eint ihr Engagement für den Frieden. Bei aller Sympathie für dezentrale Graswurzelbewegungen, wären angesichts einer sich zuspitzenden Bedrohungslage gemeinsame Aktionen nicht sinnvoller?
T. Marquard: Es gibt unzählige Friedensinitiativen und dezentrale Aktionen. Leider werden solch kleine und dezentrale Ereignisse vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht gespiegelt. Für größere und besser wahrnehmbare Aktionen fehlt einfach eine ordnende Hand. Auf Landesebene bemühen wir uns mit den anderen großen Friedensbündnissen um eine bessere Koordination. Inzwischen können wir auch das Friedensbündnis Dahme-Spreewald dazu zählen. Wir hoffen, dass diese Zusammenarbeit zu einer großen Demo in Potsdam führen wird.
Deutschlandweit gesehen kann diese Rolle m. E. nur eine Partei ausfüllen. Früher waren das die Grünen, die heute leider zu den größten Kriegstreibern mutiert sind. Deshalb ruhen meine Hoffnungen heute auf dem BSW.
BF: Der AfD trauen Sie diese Rolle nicht zu?
T. Marquard: Die AfD ist eine Partei wie jede andere. Man sollte sich mit ihr politisch auseinandersetzen. Beim Thema ‚Kieg und Frieden‘ vertritt die AfD richtige Positionen. Deshalb ist in diesem Punkt eine Zusammenarbeit erforderlich. Die Ampel und die Union versuchen hier zu spalten. Die von ihnen praktizierte Diskursverweigerung ist an sich schon antidemokratisch. Ohne Überwindung der Spaltung werden wir im Bundestag rein rechnerisch keine Mehrheit zur Verhinderung eines 3. Weltkrieges zusammenbekommen. Niemand hat etwas davon, wenn wir am Ende in einem Nuklearkrieg landen, nur um kurz vor dem totalen Inferno von uns sagen zu können, dass wir bis zuletzt die Distanz zur AfD gehalten haben.
Den Umgang mit der AfD diskutieren wir gerade innerhalb unseres Bündnisses. Ich hoffe, dass sich ein undogmatischer Ansatz durchsetzt. Die AfD bekämpft man politisch am besten, in dem man die Ursachen für den Aufschwung der AfD bekämpft: Kriegstreiberei, Doppelmoral, unsinnige Sanktionen usw.
BF: Für den 01.09.2024 planen Sie ein echtes Friedensfestival in Bernau. Was dürfen Teilnehmer der Veranstaltung erwarten?
T. Marquard: Es soll vor allem ein Festival sein ohne lange Reden. Wir wollen die Beiträge der eingeladenen Künstler in den Vordergrund stellen. Mit dabei sind Karsten Troyke, Uli Kirsch und Nicolás Rodrigo Miquea, der zweifellos zu den besten Gitarristen in Deutschland zählt.
Es wird auch eine Gedichtrezitation sowie einen Bücherstand geben. Angebote für das leibliche Wohl runden die Veranstaltung ab.
BF: Inhaltliches Kernstück ist eine Friedensresolution. Worum soll es dabei gehen?
T. Marquard: Wir wollen damit in erster Linie auf den Ernst der Lage hinweisen. Wir verurteilen darin den Angriff auf die Ukraine genauso wie jenen der Hamas auf Israel. Die Meinungsunterschiede, die es bei uns über die Ursachen der Konflikte gibt, dürfen aber nicht darüber hinweg täuschen, dass wir uns in einem Punkt einig sind: immer mehr Waffen führen ins Inferno. Und der einzige Ausweg aus dieser Situation sind Verhandlungen.
BF: Trifft es zu, dass der Bernauer Bürgermeister Stahl die Aktion unterstützt?
T. Marquard: So kann man das nicht sagen. Stahl hatte seinerzeit als einer der wenigen Linken den Aufruf von Schwarzer und Wagenknecht mit unterzeichnet und dafür viel Ärger bekommen. Die Unterstützung, die wir heute von der Stadtverwaltung erhalten, ist eher technischer und organisatorischer Natur.
BF: Vielen Dank für das Gespräch.
Das Gespräch führte Jan Müggenburg für die Brandenburger Freiheit.