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Interview mit Karl Krökel, Kreishandwerksmeister Dessau-Roßlau

Der Brandbrief der Kreishandwerkerschaft Anhalt Dessau – Roßlau hat in den sozialen Netzwerken sehr viel Aufmerksamkeit erfahren. Im Gespräch mit der Brandenburger Freiheit äußert sich Karl Krökel, Kreishandwerksmeister aus Dessau-Roßlau, zur Resonanz von Kollegen, Politik und Medien auf diesen Brief und dazu, warum er am 01.10.2022 mit seinem Protest vor den Berliner Fernsehturm zieht.

BF: Hr. Krökel, der Obermeisterbrief vom 14.06.2022 [1] war an die Handwerkskammer Halle/S. adressiert. Wie fiel die Resonanz der Handwerkskammer Halle/S. aus und welche Reaktionen gab es von Kollegen aus anderen Landkreisen?

Karl Krökel: Der Brief wurde in der Vollversammlung Ende Juni kontrovers diskutiert. Es gab dort weder eine mehrheitliche Zustimmung noch Ablehnung. Schon wenige Tage danach war der Brief in Deutschland weit verbreitet und wir haben viele positive Zuschriften erhalten, auch aus den alten Bundesländern. Am 15.7.22 hatten sich dann die Obermeister der Kreishandwerkerschaft Leipzig ebenfalls mit einem Brief an den Bundeskanzler gewandt, gefolgt von der Kreishandwerkerschaft Harz-Bode und der Kreishandwerkerschaft Zeulenroda. Auch andere Organisationen wurden durch unseren Brief ermuntert, sich zu Wort zu melden. So hat u.a. der Zentralkonsum am 4.8. den Bundeskanzler dazu aufgefordert, die Embargopolitik gegenüber Russland neu zu justieren, die Rügener Bürgermeister forderten: macht Nord Stream 2 auf.
Die Kreishandwerkerschaft Südsachsens aus Pirna hat am 25.8.22 ebenfalls einen offenen Brief an den Bundeskanzler gerichtet, den 10 Obermeister unterschrieben haben. Darin fordern sie die Beendigung des Russland-Ukraine-Konflikts und den Stopp der Sanktionen gegen Russland. 10 Bürgermeister des Amtsbereiches Lubmin wandten sich am 5.9.22 mit einem Brief an die MP Schwesig und fordern darin die Aufhebung der Sanktionen und die Inbetriebnahme von NS2. Der Protest wird als also immer breiter.

BF: Gab es auch eine Reaktion seitens der Landespolitik oder von Kommunalpolitikern aus Ihrer Region?

Karl Krökel: Lediglich DIE LINKE Stadtratsfraktion hat sich hinter unseren Aufruf gestellt und diesen voll inhaltlich unterstützt. Erst am 7.9.22 hat sich Die LINKE Landtagsfraktion mit einem Brief an uns gewandt. Sie erachten es als angebracht, zu den unterschiedlichen Positionen ins Gespräch zu kommen, um Gemeinsamkeiten auszuloten. Allerdings teilen sie mit uns die Position, dass die Bundesregierung die Dramatik weder erkannt hat, noch adäquat handelt. Das Gespräch wird gerade vorbereitet. Wir sind in der Terminfindung.

BF: Wie haben die Medien auf Ihr Schreiben reagiert?

Karl Krökel: Zu Beginn relativ heftig. Vor allen Dingen, weil wir aus Sicht der Medien zu wenig Putin kritisiert haben. Aber nach unserer Kundgebung in Dessau am 28.8. mit über 2000 Teilnehmern sowie mein Auftreten in der MDR Fernsehsendung Fakt Ist! wendete sich das Blatt ein wenig. Auch ein Interview im Deutschlandfunk widerspiegelte unsere tatsächliche Einschätzung der Lage.

BF: Aktuell bereiten Sie eine Demo am 01.10.2022 in Berlin vor. Welches Ziel verfolgen Sie damit und warum gehen Sie damit nach Berlin?

Karl Krökel: Eine solche Kundgebung in Berlin erfährt eine ganz andere öffentliche Wahrnehmung als in Dessau. Das spüren wir seit Wochen im Vorfeld dieser Veranstaltung. Handwerker aus allen Regionen haben ihr Kommen zugesagt. Ich denke, Berlin ist ein guter Ort, um unseren Forderungen – die sich ja nicht geändert haben – Nachdruck zu verleihen. Los geht es um 13 Uhr direkt am Fernsehturm.

BF: Würden Sie sich für Ihr Anliegen mehr Unterstützung von Ihren Handwerkskollegen wünschen? Die benannten Probleme müssten doch vielerorts identisch sein.

Karl Krökel: Besonders die alten Bundesländer rühren sich viel zu wenig. Vereinzelte Zustimmungen kommen aus Hannover und dem Ruhrgebiet. Aber zu Protestaktionen kommt es kaum.

[1] http://www.khs-anhalt.de/Obermeisterbrief_2022.pdf