Allgemeine Impfpflicht – Brandenburger SPD-Abweichler mit widersprüchlichen Erklärungen zu ihrem Nein im Bundestag

Drei der neun SPD-Abgeordneten, die am 07.04.2022 gegen die allgemeine Impfpflicht ab 60 stimmten, kommen aus Brandenburg. Ihr Votum kann als Ausdruck für den ausgeprägten Impfunwillen in dem rund 2,5 Mio. Einwohner zählenden Bundesland gewertet werden. Grundrechtsaktivisten, die in den Abweichlern schon potenzielle Verbündete im Kampf für eine freiheitlich-demokratische Grundordnung sehen, sollten die Stellungnahmen der drei Abgeordneten jedoch genauer betrachten.

Maja Wallstein, Abgeordnete für den Wahlkreis 64 (Cottbus-Spree-Neiße) liefert ein ausführliches Statement, das sich streckenweise eher wie ein Plädoyer für die Impfpflicht liest [1]. Eine staatliche Verpflichtung zum Eigenschutz hält sie für legitim und vergleicht eine Impfpflicht mit der Gurtpflicht und der Helmpflicht. Wallstein wörtlich: „Eine Impfpflicht für lebensältere Jahrgänge lässt sich inhaltlich begründen. Die Impfung dient vorwiegend dem Eigenschutz und ältere Jahrgänge sind von der Krankheit besonders betroffen.“

Ihr Nein zur Impfpflicht begründet sie letztlich wenig konkret mit ungeklärten Fragen bei der Umsetzung. Zudem möchte sie vermeiden, dass „die Bürger:innen das Vertrauen in den Staat verlieren“.

Umsetzungsprobleme führt auch Hannes Walter für sein Nein bei der Abstimmung im Bundestag an. Er vertritt den Wahlkreis 65 (Elbe-Elster – Oberspreewald-Lausitz II). Seine persönliche Erklärung auf Facebook fällt besonders knapp aus [2].

Die Stellungnahmen der beiden Abgeordneten bieten also nur wenig Aufschluss über ihre Motive, gegen eine allgemeine Impfpflicht ab 60 zu stimmen. Einen Anhaltspunkt liefert hingegen die von rbb24 mit Zahlen des Brandenburger Gesundheitsministeriums festgestellte Verteilung der Impfbereitschaft in Brandenburg [3]. Die Zahlen sind nicht mehr auf dem neuesten Stand. An dem ermittelten Nord-Süd-Gefälle dürfte sich jedoch nicht viel geändert haben.

Demnach weisen die südlichen Landkreise die niedrigsten Impfquoten aus. Sie bilden zusammen mit der kreisfreien Stadt Cottbus die Wahlkreise von Wallstein und Walter. Zweifellos haben beide Abgeordnete die z.T. heftigen Proteste gegen die Impfpflicht und die Corona-Maßnahmen in Cottbus im Demo-Winter 2021/22 registriert und ihre Schlüsse daraus gezogen.

Die grundrechtsorientierten Proteste in Oberhavel sind gewiss auch der Abgeordneten Ariane Fäscher, Wahlkreis 58 (Oberhavel-Havelland II), nicht entgangen. Hier ist die Bürgerinitiative Oberhavel-Steht-Auf kreisweit präsent [4]. Zu Fäschers Wahlkreis zählt auch die Stadt Falkensee, in der gleich mehrere Bürgerrechtsinitiativen aktiv sind („Friedenslicht Falkensee“ [5] und „Falkensee zeigt Gesicht“ [6]).

Fäscher musste sich zudem mit vielen impfkritischen Bürgerfragen auseinandersetzen. Allein auf abgeordnetenwatch.de beantwortete sie zwischen der Bundestagswahl und dem Tag der Abstimmung 20 solcher Fragen [7] – ein absoluter Spitzenwert unter Brandenburgs SPD-Abgeordneten. Nur Bundeskanzler Scholz wurde eine Frage mehr gestellt. Scholz beantwortete jedoch keine einzige der ihm gestellten Fragen [8].

Möglicherweise war es gerade die ernsthafte Auseinandersetzung mit impfkritischen Positionen, die Fäscher nach ihrer Zustimmung zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht zu neuen Einsichten brachte. Die Ungewissheit über die Wirksamkeit der Impfung bei kommenden Mutationen, ein mit der Zeit nachlassender Impfschutz, eine ernsthafte Grundrechtsabwägung und vor allem die Erkenntnis, dass „in der Omikron-Welle eher der Selbstschutz als der Fremdschutz gewährleistet war“, sind Argumente, die man von Befürwortern der Impfung nur selten zu lesen bekommt [9].

Mit der Einsicht in einen mangelnden Fremdschutz entzieht Ariane Fäscher ihrer Zustimmung zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht selbst die Grundlage. Betroffene und Grundrechtsaktivisten sollten jedoch nicht darauf setzen, dass diese Erkenntnis zeitnah in eine entsprechende Gesetzesinitiative mündet, die die Aufhebung dieser Impfpflicht zum Gegenstand hat. Sie sollten stattdessen den Weg des friedlichen Protestes weiter gehen.

Dieser Beitrag erschien zuerst am 18.04.2022 auf dem Telegram-Kanal der Brandenburger Freiheit, https://t.me/Brandenburger_Freiheit/35 .

[1] https://maja-wallstein.eu/es-war-keine-leichte-entscheidung/
[2] https://www.facebook.com/walterwaehlen/photos/a.405146026483005/1851002965230630/
[3] https://www.rbb24.de/politik/thema/corona/beitraege/2021/09/impfungen-unterschiede-kreise-brandenburg.html
[4] www.oberhavel-steht-auf.de
[5] https://t.me/Friedenslichtfalkensee
[6] https://t.me/falkenseezeigtgesicht
[7] https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/ariane-faescher
[8] https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/olaf-scholz
[9] https://www.facebook.com/arianefaescher/photos/a.250390616680575/484068473312787/