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Bürgermeisterwahl in Hohen Neuendorf: Interview mit Kirsten Zieske

Kirsten Zieske möchte in Hohen Neuendorf die Nachfolge von Bürgermeister Apelt (CDU) antreten. Im Interview mit der BF erläutert die parteilose Kandidatin ihre politischen Grundüberzeugungen und ihren Blick auf Hohen Neuendorf. Dabei übt die 55-Jährige harsche Kritik am Amtsinhaber, seiner Partei und der AfD.

BF: Sie sehen sich selbst als politischen Menschen, gehören aber keiner Partei an [1]. Wo würden Sie sich politisch einordnen? Was sind Ihre grundlegenden politischen Überzeugungen und Ideale?

Kirsten Zieske: Ich denke global und sehe mich als Weltbürgerin und Humanistin. Außerdem bin ich sehr naturverbunden. Aus diesem Grund ergeben sich einige Gemeinsamkeiten mit den Grünen. Vor allem denke ich aber überparteilich und werde auch als Bürgermeisterin so handeln.
Aktuell sehe ich keine ansprechenden Volksvertreter in Parteien. Als Ausnahme möchte ich Dr. Weiland von der CDU nennen (Vorsitzender der SVV Hohen Neuendorf, Anm. der Redaktion), den ich persönlich schätze. Grundsätzlich habe ich jedoch mit der CDU so meine Probleme. Für mich fehlt der Partei die Werteorientierung. Das gilt auch für die christlichen Werte. Die einzigen Werte, die bei der CDU im Vordergrund stehen, sind oft die persönlichen Vermögenswerte ihrer Mitglieder. Generell sind die Parteien kaum voneinander zu unterscheiden. Eine Ausnahme bildet hier die AfD, die alles ablehnt und immer nur kritisiert. Und wenn sie mit konstruktiven Ansätzen auffällt, dann sind sie eher schädlich für unser Land. Meines Erachtens ist der Erfolg der AfD im Osten Ausdruck dafür, dass Ostdeutsche von West-Nazis für ihre Zwecke instrumentalisiert werden.

BF: Hatten Sie denn schon einmal Kontakt zu AfD-Mitgliedern oder Sympathisanten?

Kirsten Zieske: Ja, natürlich. Ich bin grundsätzlich gesprächsbereit und offen für Dialog. Erst kürzlich hatte ich eine Diskussion mit Sympathisanten der AfD.

Zur Person:
Kirsten Zieske, 55 Jahre,
aufgewachsen in Hohen Neuendorf,
wohnhaft in Hennigsdorf
frei, die eigene Meinung zu sagen
betreibt das Café Kunst und Filterkaffee in der
Schönfließerstr. 13 in Hohen Neuendorf
Kirsten Zieske steht dort jeden Dienstag ab 17.00 Uhr für Gespräche zur Verfügung

BF: Anfang Juli hat Falkensee mit Heiko Richter einen Kandidaten in das Bürgermeisteramt gewählt, der seine Parteilosigkeit und überparteiliche Einstellung in den Vordergrund gestellt hat. Auch Sie sind parteilos. Spüren Sie aufgrund des Erfolges von Heiko Richter Rückenwind für Ihre Kandidatur?

Kirsten Zieske: Ich kenne Heiko Richter nicht und habe den Wahlkampf in Falkensee nicht verfolgt. Ich kann nur sagen, dass ich aus Überzeugung parteilos bin.
Aktuell haben viele Menschen von Parteistrukturen genug. Deshalb kann Parteilosigkeit ein Vorteil sein, ja. Es kann aber auch ein nachteilig sein, nicht zum politischen Establishment zu gehören, wie man beispielsweise am Umgang der Stadt Hohen Neuendorf mit meinem Mitbewerber Herrn Gerlach sieht. Ihm wurde der Wunsch verwehrt, einen Stand auf dem Stadtfest zu bekommen. Unterstützer, die für ihn im Rathaus Unterschriften leisten wollten, konnten dies nicht tun, weil angeblich kein Personal da war. Ähnlich erging es meinen Vertrauenspersonen. Sie wurden mit einer Wartemarke in der Hand erst einmal für über eine Stunde in die Warteschlange abgeschoben. So etwas muss künftig unbürokratischer erfolgen.

BF: Welche kommunalpolitischen Ziele verfolgen Sie? Wie wird sich die Stadt Hohen Neuendorf unter der Bürgermeisterin Kirsten Zieske verändern?

Kirsten Zieske: Für Jung und Alt gibt es kaum Angebote. Gerade bei den jungen Leuten wird dies besonders deutlich. Dazu muss man sich nur einmal das Geschehen auf dem Rathausplatz oder vor Kaufland anschauen. Ein Jugendklub in zentraler Lage wäre aus meiner Sicht sehr sinnvoll. Generell würde ich mir mehr Treffpunkte für Jung und Alt wünschen. In diesem Punkt kann die Stadt noch viel von Hennigsdorf lernen. Kulturelle Aktivitäten von Bürgern und Vereinen sollten mehr Unterstützung erfahren.
Meines Erachtens sollte die Verwaltung auch mehr tun, um die zunehmende Versiegelung der Stadt zu stoppen. Stadtplanung muss anders aussehen. Hohen Neuendorf wirbt zwar gern damit, Bienenstadt zu sein, in der Stadtplanung spiegelt sich das jedoch kaum wider. Gerade dieses Merkmal könnte die Stadt in der Eigendarstellung mehr für sich nutzen.
Zudem finde ich, dass mit der bisherigen Stadtplanung oft der Siedlungscharakter verloren geht. Ein Negativbeispiel ist für mich in diesem Zusammenhang die Niederheide. Natürlich lässt sich dieser Prozess nicht mehr umkehren. Deshalb kann es nur noch darum gehen zu retten, was noch zu retten ist.
Besonders schade finde ich den Abriss der Pagode. Die Stadt verliert damit ihr Wahrzeichen. Es kommt jetzt darauf an, das Gelände bestmöglich zum Vorteil der Stadt zu nutzen.
Von den Mitarbeitern der Verwaltung würde ich mir wünschen, dass sie mehr über den Tellerrand schauen, den Ort besser kennen und sich mehr für ihn einsetzen.

BF: Wegen der aktuellen Notstandssituation in der Kita Kids & Co wurde die Debatte über eine kommunale Trägerschaft dieser Kita neu entfacht. Welche Position beziehen Sie dazu?

Kirsten Zieske: Auch ich bin grundsätzlich dafür, dass die Stadt wenigstens für eine Kita die Trägerschaft übernimmt.

BF: Sie möchten den jetzigen Bürgermeister gerne ablösen [1]. Welche Kritikpunkte haben Sie an der Amtsführung von Steffen Apelt?

Kirsten Zieske: Hr. Apelt ist zwar medial sehr präsent, vor allem in den Nordbahn-Nachrichten, entfaltet sonst aber zu wenig Aktivität. Das nimmt im Übrigen auch mein Umfeld so wahr. Seine Unterstützung für Mitglieder der Unternehmergemeinschaft Hohen Neuendorf (UGHN) ist völlig legitim. Wenn sich sein Engagement jedoch auf diesen Kreis beschränkt, darf sich niemand wundern, wenn einige Bürger hinter vorgehaltener Hand bereits von einem Klüngel sprechen. Mein Café betreibe ich in einem von der Stadt angemieteten Raum. Als ich während Corona praktisch meine Geschäftsgrundlage verlor und auch vom Staat keine Unterstützung erhielt, beantragte ich eine Mietkürzung. Dieser Wunsch wurde mir verwehrt. Inzwischen wurde mir die Miete sogar schon 2x erhöht. Dennoch scheut sich die Stadt nicht, sich mit dem von mir gestalteten Garten zu schmücken. Wenig Unterstützung gab es auch von der Stadt im Umgang mit den Müllproblemen vor meiner Tür. Generell muss das Rathaus bürgerfreundlicher werden. Herr Apelt ist m.E. nicht bürgernah.

BF: Welche Bedeutung hat für Sie die Reduktion der CO2-Emissionen in Hohen Neuendorf als Beitrag zur Durchsetzung der klimapolitischen Ziele der Bundesregierung?

Kirsten Zieske: CO2-Reduktionen sind erforderlich, um das Klima zu schützen. Auch Hohen Neuendorf muss dazu seinen Beitrag leisten. Die Kommune muss dabei mit gutem Beispiel voran gehen, aber auch die Bürger sollten dazu ihren Beitrag leisten. Wir Menschen haben den Klimawandel beschleunigt. Dieser Fakt ist unumstößlich.

BF: Sollte der Beitrag der Bürger dabei auf Freiwilligkeit beruhen oder zur Pflicht werden?

Kirsten Zieske: Bei ungebildeten Bürgern kommt man weder mit Pflicht noch mit Freiwilligkeit weiter. Hier hilft einfach nur Bildung!

BF: Die Corona-Krise hat tiefe Spuren in der Gesellschaft hinterlassen – wirtschaftlich und sozial. Auch in Hohen Neuendorf haben Bürger gegen die Maßnahmen und eine drohende Impfpflicht demonstriert. Zeitgleich dazu gab es auch entsprechende Gegenproteste. Halten Sie vor diesem Hintergrund einen Prozess der Aufarbeitung für notwendig?

Kirsten Zieske: Ganz ehrlich: Was sollte dabei aufgearbeitet werden und wie? Einer drohenden Impfpflicht stand ich skeptisch gegenüber, da ich sie für nicht realisierbar gehalten habe.
Aber davon abgesehen: Was wurde in diesem Land je aufgearbeitet. Eine ehrliche Aufarbeitung gab es weder für die Nazi-Zeit noch die Zeit der DDR. So wird es auch der Corona-Zeit ergehen.
Wir sollten stattdessen nach vorne blicken. Schauen Sie sich das Bildungssystem an. Es war auch schon vor Corona kaputt gespart. Einen riesigen Investitionsstau haben wir auch bei der Verkehrsinfrastruktur.
Oder nehmen Sie den Fachkräftemangel. Ich bin nicht gegen Einwanderung. Aber der Ansatz, Fachkräftemangel durch Zuwanderung zu beheben hat einfach nicht funktioniert. Die Unternehmen müssen ihre Fachkräfte selbst ausbilden. Vor allem große Unternehmen sind hier gefordert. Es kommt darauf an, Neigungen und Talente junger Menschen zu erkennen. Der aktuelle Fokus auf ein abgeschlossenes Studium nützt der Gesellschaft nicht.
Bildung ist generell ein wichtiges Thema. Demokratie funktioniert nur mit gebildeten Menschen.

BF: Wenn Sie an die Corona-Zeit denken, fühlen Sie sich rückblickend von Politik und Medien in dieser Phase gut beraten?

Ganz und gar nicht! Es wurden nur Angst und Panik verbreitet. Die Berichterstattung in den Medien empfand ich als katastrophal. Das gilt auch für die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten. Maßnahmen wie das Schließen von Spielplätzen waren falsch und völlig überzogen. Das war leicht zu erkennen. Die Bürger wurden hier entmündigt.

BF: Können Sie in Hohen Neuendorf auf ein Umfeld zurückgreifen, das Sie im Wahlkampf unterstützt oder Ihnen beispielsweise auch dabei hilft, die 64 Unterschriften zu bekommen, die Sie als parteilose Kandidaten sammeln müssen?

Kirsten Zieske: Ja. Ich bin hier aufgewachsen und gut vernetzt insbesondere mit ortsansässigen Vereinen, wie z. B. dem Verein Heimatfreunde e.V. Viele meiner Mitschüler wohnen noch hier. Über das Café pflege ich alte Kontakte und knüpfe neue. Zudem profitiere ich von der Unterstützung durch andere Unternehmer. Wir helfen uns gegenseitig. Das funktioniert auch außerhalb der UGHN sehr gut. Im Wahlkampf setze ich vor allem auf das persönliche Gespräch.

BF: Frau Zieske, vielen Dank für das Gespräch.

Das Gespräch führte Jan Müggenburg für die Brandenburger Freiheit.

Setzt im Wahlkampf auf das persönliche Gespräch: Kirsten Zieske in Ihrem Café Kunst und Filterkaffee

[1] https://www.maz-online.de/lokales/oberhavel/hohen-neuendorf/buergermeisterwahl-in-hohen-neuendorf-kirsten-zieske-will-kandidieren-3OCIZRTLSBCLFK3A4K5MEH3I6Y.html

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