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Jugendbandenkriminalität in Velten

Was wusste Veltens Bürgermeisterin Ines Hübner? BF-Recherchen und die Aussagen einer betroffenen Mutter lassen Zweifel an Hübner’s Darstellung, von den kriminellen Vorgängen am Veltener Bahnhof nichts gewusst zu haben. Soll das Problem organisierter Bandenkriminalität von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Velten lieber unter den Tisch gekehrt als beherzt gelöst werden?

In der Einwohnerfragestunde der Stadtverordnetenversammlung am 12.Oktober 2023 in Velten meldete sich eine Mutter zu Wort, welche sich um die Sicherheit ihres 14jährigen Sohnes und anderer Jugendlichen sorgte. Sie sprach auch im Namen anderer Eltern, welche betroffen waren. Anlass dazu gaben die Vorfälle am Rande des Ofenstadt-Festes am Wochenende 19.5.-21.5.2023. Dort soll eine größere Gruppe Jugendlicher mit Migrationshintergrund, welche nicht aus Velten stammte, am Rande der Veranstaltung versucht haben, einheimische Jugendliche „abzuziehen“ (umgangssprachlich für räuberische Erpressung, Anm. d. Verf.). Außerdem wurde ihr Sohn zwei Monate später in den Abendstunden im Bereich des Veltener Bahnhofes von mehreren Jugendlichen aus Hennigsdorf „abgezogen“. Sie stellte an die Bürgermeisterin Frau Hübner die Frage, was die Stadt unternehmen möchte, um für mehr Sicherheit der Bevölkerung zu sorgen. Frau Hübner antwortete, dass ihr diese Fälle nicht bekannt seien und es auch keinerlei Informationen dazu von Ordnungskräften bzw. polizeiliche Anzeigen gäbe. Die Stadtverwaltung sei selbstverständlich immer bemüht für Sicherheit zu sorgen und setze bereits im Jugendbereich Streetworker ein. Die besorgte Mutter könne sich gerne bei ihr im Rathaus melden, um darüber zu sprechen. Der Vorsitzende der SVV Herr Siegert verwies dann auf den TOP 34 einem Antrag der AfD „Mehr Sicherheit im Bahnhofsumfeld gewährleisten“.

Im Verlauf der Stadtverordnetenversammlung kam es dann zu einer Pause, in der die Mutter dann gemeinsam mit einer anderen betroffenen Mutter, Frau Hübner direkt ansprach.

Bereits am 11.Oktober 2023, einen Tag vor der SVV, titelte die Märkische Allgemeine Zeitung [1] in ihrem Oberhavel-Teil mit folgender Überschrift: „AfD warnt vor Banden am Bahnhof – Polizei und Verwaltung widersprechen“.

Bahnhofsvorplatz in Velten

In der am 08.Juni 2023 in der Turnhalle Marwitz stattgefundenen Informationsveranstaltung zum Bau der Flüchtlingsunterkunft in Marwitz wurde die Situation der Übergriffe beim Veltener Stadtfest bereits von Heiko Gehring (Vorsitzender der AfD-Fraktion Velten) thematisiert. Stefan Boye, Leiter der Hennigsdorfer Polizeiwache, hat seinerzeit diese Vorwürfe abgewiesen. Ihm sei davon nichts bekannt.Da dieses Thema der Bandenkriminalität vermutlich nicht nur in Velten sehr besorgniserregend ist, hat die BF recherchiert und mit der Mutter, welche in der SVV ihre Sorgen geäußert hat, gesprochen. Der Name ist der Redaktion bekannt.

BF: Können Sie bitte schildern, was ihrem Sohn widerfahren ist ?

Antwort: Am 21.8.2023 befand sich mein Sohn, nachdem er um 19.18 Uhr mit dem Zug aus Hennigsdorf gekommen war, mit befreundeten Jungen und Mädchen im Bereich des Veltener Bahnhofes Ausgang Nauener Straße. Sie saßen dort auf der Bank am Ausgang Gleispark und unterhielten sich. Ungefähr eine Stunde später kamen dann mehrere Jugendliche mit Migrationshintergrund am Bahnhof an. Sie hielten sich bei den beiden hinteren Bänken in Höhe der Fahrradständer auf und waren recht laut. Irgendwann wurde mein Sohn von einem dieser jungen Männer gerufen und aufgefordert, dort hinzukommen. Das tat er und wurde sofort auf seine Silberkette angesprochen. Ob er Christ sei, wurde er gefragt und ob er mal die Kette haben könne. Mein Sohn lehnte das ab und im Laufe der Diskussion kam der junge Mann mit Migrationshintergrund und nahm ihm die Kette von hinten vom Hals ab. Mein Sohn hielt die Kette fest und der andere meinte, er würde sie ihm gleich wiedergeben. Ein anderer aus der Gruppe sprach zwischenzeitlich immer wieder, dass sein Kumpel gerne die weißen Nike-Turnschuhe meines Sohnes anprobieren wolle. Mein Sohn solle mit ihm in eine dunkle Ecke gehen zum Anprobieren. Dieser Aufforderung kam mein Sohn nicht nach. Er gab dann aber einen Schuh ab; woraufhin der andere Jugendliche dann den zweiten Schuh auch noch haben wollte. Das lehnte mein Sohn ab und bekam dann den ersten Schuh zurück. Während dieses Wortwechsels hatte sich der junge Mann, der die Kette an sich genommen hatte, zu dem Kumpel meines Sohnes auf die Bank gesetzt und fing an mit einem Messer „rumzuspielen“. Er stach damit in die Bank und auch leicht auf den Oberschenkel des Jungen. Dieser sagte mehrmals, dass er damit aufgehören soll. Mein Sohn wollte dann seine Kette wiederhaben. Der Andere wollte sie ihm nur wiedergeben, wenn er eine „Pille“schluckt. Das lehnte mein Sohn wiederum ab. Der junge Mann, der die Schuhe haben wollte, forderte meinen Sohn dann auf, mit ihm zu boxen. Derjenige der gewinnt, solle dann die Schuhe bekommen. Auch das lehnte mein Sohn ab und machte sich mit seinem Kumpel auf den Heimweg. Der Andere rannte noch hinterher und versuchte ihn festzuhalten. Mein Sohn konnte sich aber losreißen und nach Hause flüchten. Die anderen Freunde meines Sohnes waren zwischenzeitlich schon gegangen. Ich erstattete am 23.August 2023 eine Online-Anzeige bei der Brandenburger Polizeiwache mit Namesnennung der beiden Hauptakteure (eine Kopie der Anzeige liegt der BF vor, Anm. d. Verf.) und suchte zwei Tage später mit meinem Sohn das Polizeipräsidium in Oranienburg auf, um nochmals persönlich eine Anzeige zu machen. Dort wurde mein Sohn auch zu dem Fall vernommen. Seine Freunde und ein Mädchen wurden auch einige Zeit später zu dem Vorfall bei der Polizei vernommen.

Am 26.August 2023 wurde mein Sohn dann nachts gegen 1 Uhr von der besagten Jugendbande, welche aus Hennigsdorf und zu Teilen auch aus Berlin kommt, aus der Wohnung gelockt. Sie hatten ihn über ein Internetportal dazu aufgefordert, mit ihm zu sprechen. Eine Freundin, welche den fremden Jugendlichen zugetan war, hat vermutlich dafür gesorgt, dass diese die Adresse erfuhren und ein Handykontakt zustande kam. Ich schlief bereits und hörte wie die Wohnungstür ins Schloß fiel. Sofort stand ich auf und lief hinterher. Mein Sohn wollte das alleine klären. So blieb ich in Hörweite und konnte vernehmen, dass sie ihn fragten, wer die Anzeige gemacht hätte. Er antwortete, dass ich das getan hätte. Dann wollten sie, dass er mit ihnen den sichtbaren Bereich des Wohngebietes verlässt und mit ihnen hinter das Bahnhofshäuschen an den Gleisen gehen soll. An der Stelle bin ich eingeschritten und habe sie aufgefordert zu verschwinden. Wir sind dann nach Hause gegangen. Eine Anzeige zu dem Vorfall habe ich nicht gestellt. Aber mir war klar, dass etwas unternommen werden muss, denn es gab ja bereits beim Stadtfest im Mai Vorfälle.

BF: Was ist dort vorgefallen ? Sie hatten in der SVV darüber gesprochen. Die Bürgermeisterin Frau Hübner hatte geantwortet, dass sie davon nichts wüsste.

Antwort: Ich bin abends nach meiner Arbeit zum Stadtfest gegangen, da ich wusste, dass mein Sohn dort mit Freunden unterwegs ist. Dort bemerkte ich, dass sich eine ca. 40köpfige Personengruppe mit Migrationshintergrund am Rande der Veranstaltung aufhielt. Unsere Jugendlichen suchten auffällig die Nähe der Securitykräfte, um sicher zu sein. Doch dann kam es dazu, dass der eine oder andere alleine stand und im Nu waren 6 bis 8 Leute der Jugendbande da und umringten den Einzelnen, um eine „Taschenkontrolle“ vorzunehmen. Einem Jungen wurde in den Rücken getreten. Andere Besucher des Festes bekamen das mit. Der Vater einer unserer Jugendlichen mischte sich in das Geschehen ein und wehrte sich. Die Polizei wurde gerufen und war dann vor Ort.

BF: Wie kann es dann sein, dass die Bürgermeisterin davon nichts weiß ? Haben Sie dafür eine Erklärung ?

Antwort: Die Reaktion der Bürgermeisterin war unerhört. Sie muss davon gewusst haben. Auch die Argumentation, dass in der Stadt Streetworker sich den Problemen der Jugendlichen annehmen, stimmt nicht. Es gibt keine Streetworker in Velten. Während der Pause in der SVV sprach ich mit der anderen Mutter Frau Hübner an. Sie suchte Ausflüchte und übergab das Gespräch dann an Frau Collin-Feeder (Fachbereichsleiterin Soziales und Bürgerservice Velten). Diese teilte uns mit, dass sie sich kümmern werde.

BF: Die Fraktion Pro Velten hatte bereits im Frühjahr 2022 einen Antrag gestellt, zwei Streetworker in Velten zu etablieren. Ein wirklicher Bedarf wurde nicht gesehen. Die Mitarbeiter der Oase sind keine Streetworker. Streetwork bedeutet „aufsuchende Jugendsozialarbeit“. Die Oase gestaltet die offene und mobile Jugendarbeit in Velten. Gab es nach ihren Anzeigen Reaktionen oder Rückmeldungen vonseiten der Polizei ?

Antwort: Nein, es gab keine Reaktionen. Ich bin dann an mehreren Abenden mit anderen Müttern und teilweise einer männlichen Begleitung zum Bahnhof, um unsere Kinder zu schützen. Allerdings haben wir die Jugendbande nicht angetroffen.

BF: Frau Hübner sagte in der SVV, dass sie selber öfter abends mit dem Fahrrad in Velten unterwegs sei und mit Jugendlichen sprechen würde. Können Sie das bestätigen?

Antwort: Nein, davon ist mir nichts bekannt. Mein Sohn hätte mir das bestimmt erzählt.

BF: Wissen Sie von anderen Vorfällen in der Stadt ? Ich habe gehört, dass es in Velten-Süd am Skater Vorfälle gegeben haben soll und aktuell noch gibt.

Antwort: Mir ist bekannt, dass es am Ende der großen Ferien einen Vorfall dort gab. Besagte Jugendbande wollte dort einen Jugendlichen vom Fahrrad ziehen. Der setzte sich jedoch zur Wehr.

BF: Haben Sie Kontakt zu anderen betroffenen Eltern und was sollte man ihrer Meinung nach tun ?

Antwort: Es gab einen Aufruf bei Facebook in einer der Veltener Gruppen. Leider meldet sich niemand, obwohl es mehrere Betroffene gibt. Es bräuchte mehr Mut der Eltern, die Vorfälle anzuzeigen, sich zusammenzutun und auszutauschen. Nur so kann man sich dem entgegenstellen und seine Kinder schützen.

BF: Ich danke für das Gespräch.

Zu diesem Sachverhalt hat die BF bereits mehrere Gespräche in und um Velten geführt. Die besagte Jugendbande soll aus dem Bereich des Albert-Schweitzer-Quartiers [2] in Hennigsdorf kommen und bereits seit längerer Zeit ihr Unwesen treiben. Anfangs in Hennigsdorf und nunmehr in Velten. Eine Betrachtung in diesem Zusammenhang ist vielleicht auch die Situation des dortigen Jugendclubs „Conny Islands“ wert. In einer Meldung der MOZ vom 24.Juli 2023 wurde mitgeteilt, dass dieser kurzfristig geschlossen werden musste. Es soll zu Problemen auch in Zusammenhang mit Alkohol gekommen sein und die Polizei musste einschreiten. Auch soll es unzufriedene Mitarbeiter gegeben haben.

Es scheint fragwürdig, dass die Verwaltung der Stadt Velten um die Sachverhalte der Jugendbande nicht wusste. Der Vorsitzende der AfD in Velten Heiko Gehring teilte bei Facebook einen Artikel der Märkischen Allgemeinen Zeitung vom 18.7.2023 [3], in welchem es um die Gefährlichkeit auf dem Hennigsdorfer Postplatz ging und wies auf die Vorfälle beim Stadtfest im Mai 2023 in Velten hin. Es ist davon auszugehen, dass die Stadtverwaltung Veltens diese Beiträge liest und in der Folge dem dann nachgehen müsste. Denn die Sicherheit einer Stadt ist ein sehr hohes Gut. Auch hatte Herr Gehring beim Stadtempfang in Velten am 15.September 2023 mit der Leiterin des „Jugendfreizeitzentrums Oase“ Frau Scherdin über die Vorfälle in der Stadt gesprochen. Sie bestätigte ihm, dass sie davon gehört hat, dass es in Velten und umliegenden Ortschaften diese Probleme gibt.

Der Antrag der AfD-Fraktion Velten „Mehr Sicherheit im Bahnhofsumfeld gewährleisten“ der letzten SVV wurde in den Ausschuss für Sicherheit und Ordnung überwiesen. Dieser findet am 21.November 2023 im Kommunikationszentrum um 18.30 Uhr statt. Der Ausschuss ist öffentlich und es besteht die Möglichkeit im Rahmen der Bürgerfragestunde, Fragen zu stellen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation weiter entwickelt. Die BF wird Sie über neue Erkenntnisse zu diesem Thema informieren. Im Laufe der ersten Woche der Herbstferien gab es allerdings am Bahnhof Velten bereits wieder „Besuch“ aus Hennigsdorf.

Text und Fotos: Gabriele Schade

[1] https://www.maz-online.de/lokales/oberhavel/velten/velten-diskussion-um-warnung-der-afd-vor-banden-mit-migrationshintergrund-T4AUI2HX5BE5RBXQMBPXCREGCY.html
[2] https://wohnen-in-hennigsdorf.de/entwicklung-des-albert-schweitzer-quartiers-2018-2022/
[3] https://www.maz-online.de/lokales/oberhavel/hennigsdorf/hennigsdorf-ist-der-postplatz-ein-schwerpunkt-der-kriminalitaet-75R5Y437W5B5BFVCPM4HQXDTCY.html