Werden in den nächsten Jahren aufgrund der kommunalen Wärmeplanung und der Kreistagsbeschlusses zur Umsetzung aller kreiseigenen Bauvorhaben mindestens das DGNB-Nachhaltigkeitssiegel Silber anzuwenden, zusätzliche Millionen den Veltener Haushalt belasten? Über diese beiden und andere Tagesordnungspunkte berichtet Gabriele Schade aus der Stadtverordnetenversammlung vom 17.Juli 2025.
Die letzte Stadtverordnetenversammlung (SVV) in Velten vor der Sommerpause hatte sich mit 35 Tagesordnungspunkten (TOPs) einiges vorgenommen. Beschlossen werden sollten u.a. die Änderung der Geschäftsordnung, eine überplanmäßige Ausgabe für die Datenertüchtigung im Rathaus, die kommunale Wärmeplanung, ein LKW-Durchfahrverbot für die Wilhelmstraße, die Prüfung der Einrichtung einer städtischen Kleinbuslinie, der Schutz der Stadtfinanzen sowie eine Friedensresolution. Außerdem mussten aufgrund des Fraktionswechsels von Hendrik Köhn Ausschüsse und die Aufsichtsräte der REG Velten und der Stadtwerke Velten neu besetzt werden.
Bei dem Beschluss zur Änderung der Geschäftsordnung blieb es dabei, dass eine Fraktion aus mindestens drei Mitgliedern bestehen muss. Frau Noack (SPD) versuchte über einen Änderungsantrag die ursprüngliche Fraktionsstärke von zwei Personen wieder herzustellen. Der Antrag fand allerdings keine Mehrheit. Die CDU hatte durch den Austritt von Hendrik Köhn ihren Fraktionsstatus verloren. Die Brandenburger Freiheit (BF) berichtete bereits darüber [1].
Beim TOP zur Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung fragte Herr Gehring (AfD) bei der Bürgermeisterin Frau Hübner an, ob denn die erforderlichen Genehmigungen für die Geothermie-Tiefenbohrungen vorliegen würden. Das wurde verneint. Daraufhin stellte er einen Antrag zur Vertagung, da diese als Grundlage für die Umsetzung der künftigen Fernwärmeversorgung erforderlich sind. Sein Antrag bekommt keine Mehrheit und der Hauptantrag wird mit den Stimmen der SPD-Linke-Giese-Fraktion, Pro Velten und CDU beschlossen. Herr Wolinski (Die Heimat) enthielt sich. Es ist davon auszugehen, dass dieses Projekt einen zweistelligen Millionenbetrag kosten wird.
Bei der Datenertüchtigung im Rathaus sind Mehrkosten in Höhe von 185.000 Euro entstanden. Während der Bauarbeiten wurde festgestellt, dass sanitäre Leitungen sanierungsbedürftig sind. Die meisten Stadtverordneten bringen dafür Verständnis auf. Lediglich Frau Noack (SPD) kritisierte die Maßnahme mit der Begründung, dass diese überplanmäßige Ausgabe für Heizung und Wasserrohre nichts mit Datenertüchtigung zu tun hätte. Ihre Fraktion stimmte dem Antrag nicht zu.
Die AfD-Stadtfraktion + Köhn stellte den Antrag zur Prüfung einer Stadtbuslinie. Damit möchte man insbesondere für Kinder, Jugendliche, Senioren oder mobilitätseingeschränkten Menschen ermöglichen, verdichtete Wohngebiete mit relevanten Punkten wie dem Stadtzentrum, Schulen und Einkaufsmöglichkeiten zu verbinden. Herr Köhn als neues Fraktionsmitglied trug den Antrag vor und ergänzte, dass es in Nauen und Brieselang auch solche über die Stadt finanzierte Buslinien gibt.
Pro Velten hatte vor einigen Jahren auch die Idee eines Seniorenbusses umgesetzt. Die Aktion wurde dann jedoch wieder eingestellt. Insgesamt wurde der Antrag mit den Stimmen von Pro Velten, der SPD-Linke-Giese-Fraktion abgelehnt. Lediglich Herr Wolinski unterstützte ihn. Die Verwaltung hatte in ihrer Stellungnahme auf die hohen Kosten und die bereits vorhandenen Buslinien hingewiesen.
Um mögliche finanzielle Mehrbelastungen durch übergesetzliche Nachhaltigkeitsanforderungen abzuwehren, wollte die AfD-Stadtfraktion zusammen mit Herrn Köhn eine rechtliche Prüfung der DGNB-Vorgaben des Landkreises vornehmen lassen. Nach dem Kreistagsbeschluss 6/485 verpflichtet sich der Landkreis Oberhavel sämtliche kreiseigene Bauvorhaben mindestens nach dem DGNB-Nachhaltigkeitssiegel Silber zu planen, umzusetzen und zertifizieren zu lassen [2]. Dazu besteht jedoch keine gesetzliche Verpflichtung. Velten wäre durch den Neubau des geplanten Schulcampus direkt davon betroffen. Es war schon geplant aufgrund der Zertifizierung auf einen Fernwärmeanschluss zu verzichten. Das wurde jedoch revidiert. Auch der Neubau des Oranienburger Krankenhauses wäre davon betroffen und es müsse mit erheblichen Mehrkosten gerechnet werden. Diese würden dann über die Kreisumlage die Städte und Gemeinden über Gebühr belasten. Aufgrund der angespannten Haushaltslage in vielen Kommunen und der Verpflichtung nach der Brandenburgischen Kommunalverfassung eine sparsame und wirtschaftliche Haushaltsführung anzustreben, ist diese nicht notwendige Zertifizierung kritisch zu überprüfen. Bis auf Herrn Gordjy (SPD) äußerte sich keiner der Stadtverordneten zu dieser Thematik. Er sieht eine Belastung für Veltens Haushaltskasse nur in Bezug auf die Kreisumlage. Da Herr Gehring Kreistagsabgeordneter ist, weist Herr Gordjy ihn auf seine dortige Einflussmöglichkeit bei der Abstimmung hin. Der Antrag wird von allen Stadtverordneten, außer dem Antragseinreicher AfD-Stadtfraktion + Köhn, abgelehnt.
Um ein LKW-Durchfahrverbot für die Wilhelmstraße, Bergstraße, Bahnstraße und Bergstraße beim Landkreis zu beantragen, hatte die SPD-Linke-Giese-Fraktion einen Antrag vorbeitet. Es hatten sich in der vorherigen Stadtverordnetenversammlung Anwohner über den belastenden LKW-Verkehr beschwert. Der Antrag wurde noch um die Viktoriastraße ergänzt und fand die Zustimmung fast aller Stadtverordneten.
Für eine aufgeregte Debatte sorgte der Antrag der AfD-Stadtfraktion Velten + Köhn mit dem Inhalt, dass die SVV sich für eine Friedensresolution aussprechen solle. Aufgrund der seit Monaten andauernden Propaganda führender Politiker der Regierung „Deutschland wieder kriegstüchtig“ zu machen, sollte damit ein Zeichen für Frieden gesetzt werden und an den Landrat Oberhavels, die Landesregierung Brandenburgs, den Bundesrat sowie die Bundesregierung übermittelt werden. Die Stadtverwaltung hatte sich schon in der Stellungnahme dagegen ausgesprochen. Dem Beschluss fehle ein konkreter örtlicher Bezug. da es um die Friedenspolitik in Deutschland gehe. Laut §28 BbgKverf.(Zuständigkeiten der Gemeindevertretung) ist eine Kommune für alles zuständig, was sie selbst betrifft und was nicht in die Zuständigkeit einer anderen Ebene wie Land oder Bund gehört [3]. Das Brandenburgische Innenministerium hatte sich bereits in 2022 zu einem ähnlichen Beschluss wie folgt geäußert: „Der Umstand, dass die kommunale Vertretung nur für ihre Kommune spricht, genügt nicht zur Herstellung eines ortsspezifischen Bezugs.“
Die beiden Stadtverordneten der SPD, Herr Gordjy und Herr Steinbock, argumentierten mit Aussagen, wie man sie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk vernehmen kann. Zitat Herr Steinbock “Die Ukraine hält uns den Rücken frei.“ Herr Ketelhohn (AfD), der seit 26 Jahren mit einer Ukrainerin verheiratet ist, war über das Geschichts- und Gegenwartsbild der SPD-Fraktion erschüttert und in seiner Redezeit um etwas Aufklärung bemüht.
Für den Vorsitzenden der SVV Marcel Siegert (Pro Velten) war das Thema „Zeitdiebstahl“, da es mit „uns“ nichts zu tun hat. Er verweigerte sich an der Abstimmung teilzunehmen. Drei weitere Mitglieder von Pro Velten taten es ihm gleich. Lediglich Mike Gabrich nahm teil und enthielt sich. Ende 2022 hatte Pro Velten eine ähnliche Idee und formulierte seinerzeit einen Antrag für einen offenen Brief an die Bundesregierung für eine diplomatische Lösung des Krieges in der Ukraine. Damals hielt Herr Siegert sogar im Rahmen der Montagsdemo von „Oberhavel steht auf“ eine Rede zu diesem Thema. Das wurde danach von verschiedenen Stadtverordneten der SPD, Linke und FDP kritisiert.
Der Antrag wird dann mit neun Nein-Stimmen zu sieben Ja-Stimmen und zwei Enthaltungen durch Mike Gabrich (Pro Velten) und Robert Wolinski (Die Heimat) abgelehnt.
Bei den neuen Besetzungen der Ausschüsse und der städtischen Gesellschaften kam das Losverfahren zur Anwendung, da die beiden stärksten Fraktionen AfD-Stadtfraktion + Köhn und SPD-Linke-Giese-Fraktion sich vorher nicht ausgetauscht hatten. Bei der Besetzung der Ausschüsse hatte die AfD dann das größere Losglück und ist in drei Ausschüssen zusätzlich vertreten. Philip Giese (SPD-Linke-Giese-Fraktion) wurde in den Aufsichtsrat der Stadtwerke Velten und Heiko Gehring (AfD-Stadtfraktion + Köhn) in den Aufsichtsrat der REG Velten als Mitglied bestätigt.
In der Ausgabe des Amtsblattes Velten vom 01.8.2025 wurden alle abgelehnten Anträge der AfD-Stadtfraktion+Köhn nicht aufgeführt [4]. Neben den oben genannten Themen betraf es auch einen Antrag zur Prüfung der Ausstattung des öffentlichen Raums und öffentlicher Einrichtungen mit Defibrillatoren (AED). Ebenso wurde der Antrag von Herrn Pötsch (CDU)„Veltens Zentrum sichtbar machen“ nicht erwähnt. In der vorherigen Ausgabe der Amtsblattes waren alle Anträge, auch die Ablehnungen, aufgeführt. Es handelte sich dabei jedoch um Anträge der SPD-Linke-Giese-Fraktion. Diese Vorgehensweise mutet doch etwas befremdlich an und sollte überprüft werden. Die Veltener Bevölkerung muss sich darauf verlassen können, dass sie im Amtsblatt vollumfänglich über alle Anträge in der Stadtverordnetenversammlung informiert wird.
[1] https://brandenburgerfreiheit.de/veltener-stadtparlament-cdu-abgeordneter-wechselt-zur-afd/
[2] https://www.dgnb.de/de/zertifizierung/das-wichtigste-zur-dgnb-zertifizierung/bewertung-und-auszeichnung
[3] https://www.haufe.de/id/norm/brandenburgische-kommunalverfassung-28-zustaendigkeiten-der-gemeindevertretung-HI16255045_p28.html
[4] https://velten.de/Verwaltung-Politik/Aktuelles/Amtsblatt/