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Politisches Beben in Oranienburg

Die Oranienburger Stadtverordnete Grit Hörig verlässt nach 17 ½ Jahren die CDU und strebt einen Wechsel zur AfD an. Die BF sprach mit der Unternehmerin über die Gründe für diese persönliche Zäsur.

BF: Am 11.12.23 haben Sie erklärt, die CDU zu verlassen. Außerdem beabsichtigen Sie, in die AfD einzutreten. Welche Gründe haben Sie zu diesem Schritt bewogen?

Grit Hörig: Dieser Entschluss fiel nach langer und intensiver Überlegung. Am Ende dieses Prozesses stand die Erkenntnis, dass ich meiner bürgerlich-konservativen und freiheitlichen Grundeinstellung – insbesondere zur Freiheit, über den eigenen Körper selbst entscheiden zu können – stets treu geblieben bin. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Meine Partei hatte sich jedoch davon entfernt. Die letzten 2 ½ Jahre waren deshalb auch von tiefgreifenden Meinungsverschiedenheiten gekennzeichnet, die zwischen mir und vielen anderen Mitgliedern des Oranienburger Stadtverbandes zutage traten.

BF: Zielen Sie damit auf Ihre kritische Haltung zu den Corona-Maßnahmen und der Impfpflicht ab, die von den Parteifreunden nicht geteilt wurde?

Grit Hörig: Nicht nur das. Aber beides spielte bei meiner Entscheidungsfindung eine besondere Rolle. Einerseits sehe ich innerhalb der CDU einen Mangel an politischem Willen zur Aufarbeitung der aus meiner Sicht unverhältnismäßigen Corona-Maßnahmen. Anderseits machte mich allein schon die innerparteiliche Debatte über eine Impfpflicht fassungslos.
Im Januar 2021 führten wir im Vorstand des CDU-Stadtverbandes eine Diskussion über dieses Thema. Die breite Zustimmung zur Impfpflicht hatte mich seinerzeit zutiefst schockiert. Ich zog daraus die Konsequenzen und trat vom Amt der stellvertretenden Vorsitzenden zurück. Anschließend verließ ich den Vorstand ganz.
Damals telefonierte ich mehrmals in der Woche mit der Landtagsabgeordneten Frau Walter-Mundt und unserem Bundestagsabgeordneten Uwe Feiler. Ihr Abstimmungsverhalten bei verschiedenen Corona-Entscheidungen hatte mich immer wieder enttäuscht. Leider konnte ich Sie von meinen Auffassungen nicht überzeugen.

BF: Sie sind selbst Inhaberin eines handwerklichen Unternehmens. Haben berufliche Erfahrungen Ihre Entscheidung, die CDU zu verlassen, mit beeinflusst?

Grit Hörig: Ja. Die Corona-Zeit war für die meisten Unternehmen sehr schwierig. Gerade die Betriebe des Friseurhandwerks wurden an den Rand der wirtschaftlichen Existenz gedrückt und ein beträchtlicher Teil hat diese Zeit tatsächlich nicht überlebt.
Im 2. Lockdown sind die finanziellen Hilfen zu spät gekommen und mussten danach obendrein wieder zurückgezahlt werden. Die Rückforderungen haben viele überrascht und die 2G-Regelung führte dann später zu weiteren Einbußen. Meines Erachtens hat sich die CDU zu wenig für unbürokratische Hilfen eingesetzt.

BF: Gab es einen besonderen Anlass, der das Fass zum Überlaufen brachte?

Grit Hörig: Das war die ablehnende Haltung meiner Fraktion zum AfD-Antrag, vor dem Rathaus blaue Fahnen mit einer weißen Friedenstaube zu hissen, um so ein Zeichen für den Frieden zu setzen. Ich kann mich nicht damit identifizieren, gegen den Frieden zu stimmen.

BF: An welchen Stellen haben Sie die Positionen der AfD mehr überzeugt als jene Ihrer alten Partei?

Grit Hörig: An der AfD schätze ich die Bereitschaft, zur Aufarbeitung der Corona-Politik und die Bereitschaft, die Impfschäden als solche zu benennen. Ich teile aber auch Ihre Kritik an der Migrationspolitik, bildungspolitische Positionen und in der Wirtschaftspolitik ihren Umgang mit den Handwerksunternehmen.

BF: In der Stadtverordnetenversammlung Oranienburg streben Sie einen Wechsel von der CDU-Fraktion in die AfD-Fraktion an. Die Mehrheitsverhältnisse werden dadurch aber nicht wesentlich verschoben. Werden Sie im kommenden Jahr bei den Kommunalwahlen für die AfD antreten?

Grit Hörig: Richtig, die Mehrheitsverhältnisse in der SVV würden sich durch meinen Fraktionswechsel nicht wesentlich ändern.
Sollte die AfD meinen Antrag auf Mitgliedschaft bewilligen und der Stadtverband Interesse an meiner Kandidatur zur SVV signalisieren, stehe ich dafür zur Verfügung.

BF: AfD-Vertreter erfahren oft ein hohes Maß an Ausgrenzung – politisch und auch sozial. Haben Sie keine Angst davor, zum Gegenstand von Ausgrenzung und Anfeindungen zu werden?

Grit Hörig: Nein. Tatsächlich hat die Entfernung der CDU von ihren früheren Grundsätzen und damit auch von mir zu meiner Isolation innerhalb der Partei geführt. Das ging sogar so weit, dass man vor knapp 3 Jahren ein Parteiausschlussverfahren gegen mich führen wollte. Gegenwind bin ich also gewohnt.
Die innerparteiliche Diskussionskultur war damals schon vergiftet. Ein offener Diskurs zu verschiedenen Themen wurde zunehmend unmöglich.

BF: Versprechen Sie sich, dass die Qualität des innerparteilichen Diskurses in der AfD besser ist?

Grit Hörig: Ja, das erwarte ich.

BF: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Gespräch führte Jan Müggenburg für die Brandenburger Freiheit.
Foto: privat

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