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Ein medizinischer Notfall und die Profis dürfen nur zusehen

Uniformierte Hierarchie bei der Berliner Polizei unterbindet ärztliche Hilfeleistung in einer lebensbedrohlichen Situation. Ein Gastbeitrag von Heidi Müller.

Am 5.11.2022 fand in Berlin am Alexanderplatz die „Frieden jetzt Demo“ statt. Am Ende der Veranstaltung, während der Schlusskundgebung kam es bei einem der Teilnehmer zu einem lebensbedrohlichen Zustand.

Ich selbst bin Kinderkrankenschwester, Psychologin sowie Kinder- und Jugendpsychotherapeutin und habe seit 1989 in verschiedenen Berliner Kliniken gearbeitet. Die letzten 9 Jahre arbeitete ich auf einer Intensivstation, d.h. ich kenne medizinische Notfälle, lebensbedrohliche Ausnahmesituationen und die daraus resultierende Bedeutung fachlicher Expertise und des Handelns im Team, die es braucht, einen Menschen am Leben zu erhalten.

Bei dem Patienten handelt es sich um den 50-jährigen Bäcker Christian, der nach den Biontech Injektionen einen schweren Impfschaden erlitten hat. Dies ist mir bekannt, weil Christian während der Mahnwache vom 26.10.2022 vor dem Bundesgesundheitsministerium davon in seiner Rede selbst öffentlich berichtet hatte. Er stammt ursprünglich aus Hamburg und sei dort von seinem Chef zur Geninjektion genötigt worden. Christian wurde krank, erlitt eine Myokarditis und sei dann gekündigt worden. Christian suchte Hilfe, er wandte sich an die Intensivkrankenschwester Sabrina Kollmorgen und lernte in Berlin neue Menschen kennen, so dass er beschloss in Berlin zu bleiben. Christian wollte wieder als Bäcker arbeiten. Ich sprach ihn am 26.10. nach seiner Rede an und bot an, ihn an einen mir gut bekannten Berliner Bäckerhandwerksbetrieb zu vermitteln. Christian freute sich so sehr über mein Angebot, dass er sogleich mit leuchtenden Augen von der wunderschönen Welt des Brotbackens, von Teigen, Öfen und echtem Bäckerhandwerk erzählte.

Zurück zum medizinischen Notfall. Auf der Bühne hielt Friederike de Bruin ihre bewegende und sehr persönliche Rede zu den Themen Frieden, Krieg, transgenerative Kriegstraumata und posttraumatische Belastungsstörungen nach Kriegseinsätzen, als eine Frau an die Bühne kam und um dringende notärztliche Hilfe bat. Ich ging zu dem Ort des Geschehens, mit dem Ziel, eine der mir gut bekannten Ärztinnen zu finden. Als ich ankam, sah ich viele Polizisten um eine Parkbank stehen, auf dieser saß blass und zusammengesunken Christian, der leidenschaftliche Bäcker mit dem schweren Impfschaden. Ich wies die Polizisten darauf hin, dass Ärzte anwesend waren, die helfen könnten. Die Polizisten erwiderten, dass sie die Hilfe nicht bräuchten, da sie selbst medizinisches Personal hätten und sich ein als Sanitäter ausgebildeter Polizist um den Vorfall kümmern würde.

Besagter Sanitätspolizist hockte bereits auf dem Boden vor der Parkbank, neben ihm lag der geöffnete Notfallkoffer. Er war gerade dabei Christians Blutdruck zu messen. In diesem Augenblick kamen die Ärztin Dagmar, Fachärztin für Hämatologie und ehemalige Oberärztin, sowie Sabrina Kollmorgen, die Intensivkrankenschwester. Beide gingen unmittelbar zu Christian. Sabrina kennt Christian persönlich, sie sprach mit ihm. Dagmar sprach den Sanitätspolizisten freundlich an, erklärte sich und ihre Expertise und bat darum, Christian anders lagern zu dürfen. Der Sani-Polizist reagierte ungehalten, sagte sie sollen beide sofort verschwinden, er wisse es besser, da der Mann ein Herzproblem habe und deshalb nicht hingelegt werden darf.

So wurden wir drei Zeugen des weiteren Verlaufs des medizinischen Notfalls. Die Polizisten schirmten die Bank auf der Christian zusammengesackt saß ab. Der Sanitätspolizist nahm dem Patienten einen Tropfen Blut an der Fingerkuppe ab, er arbeitete langsam und akribisch und konzentrierte sich auf seine diagnostischen Materialien. Dabei verlor er leider Christian aus den Augen, dessen Bewusstsein sich zunehmend eintrübte, der langsamer atmete, die Augen schloss, den Mund schräg verzog und den Muskeltonus zunehmend verlor. Es war ca. 6 Grad kalt, es gab keine Decke für Christian, nur die Parkbank-Abschirmung durch die Polizisten und den langsam und akribisch arbeitenden gereizten Sanitätspolizisten.

Sabrina, Dagmar und ich stellten gleichzeitig fest, dass sich Christians Bewusstsein eintrübte. Während ich mit den Abschirmpolizisten sprach und für die Hilfestellung des Fachpersonals freundlich warb, schlichen sich Dagmar und Sabrina durch die Polizeikette, gerade noch rechtzeitig, da Christian nun bewusstlos von der Bank zu rutschten drohte. Sie konnten ihn noch sanft auf den Boden ablegen, während der Sanitätspolizist immer noch mit seiner Blutdiagnostik beschäftigt war. Sabrina und Dagmar legten nun rasch, routiniert und professionell einen Venenzugang, weckten Christian auf, sprachen ihn liebevoll an, machten ihm Mut, kontrollierten den Blutdruck. Dagmar griff nun in den Notfallkoffer des Sanis und nahm eine Kochsalzlösungsinfusion heraus, um diese Christian zu verabreichen. Der Sani-Polizist sah sich in dem Moment offensichtlich in seinem Ego gekränkt und fachlich delegitimiert, riss Dagmar den Infusionsbeutel aus der Hand, schrie die beiden Frauen an, dass sie sofort verschwinden sollen und sich nicht aus seiner Tasche bedienen dürften. Dagmar ließ angesichts dieser Aggression von Christian ab, Sabrina blieb jedoch dicht bei Christian, blickte ihn an und sprach ermutigend zu ihm. Zum Glück kam nun endlich, nach ca. 20 Minuten, der Rettungswagen. Leider hatten die Polizisten, die den RTW gerufen hatten, nicht die lebensbedrohliche Situation erkannt und keinen Notarzt angefordert.

Sabrina blieb bei Christian und durfte ihn sogar bis zum Rettungswagen begleiten, da die Rettungssanitäter ihre Unterstützung und die wichtigen Informationen über seine vorliegenden Erkrankungen als wichtigen Beitrag annehmen konnten. Sabrina kam zurück zu Dagmar und mir, beide vermuteten, dass Christian einen Schlaganfall erlitten hatte. Der Rettungswagen stand mit Christian noch ca. eine halbe Stunde am Ort des Geschehens, bis dann endlich der „Stroke Unit“-Rettungswagen dazu kam und Christian mit Blaulicht weggefahren wurde.

Sabrina , Dagmar und ich standen noch eine Zeit sprachlos, fassungslos, traurig und besorgt zusammen.

Lieber Christian, wir denken an Dich!

Fazit: Ich möchte noch ausdrücklich betonen, dass ich das Verhalten der Polizei während der Veranstaltung insgesamt als freundlich und kooperativ wahrgenommen habe und, dass ich es lobenswert finde, dass bei einer größeren Veranstaltung Sanitätspolizisten eingesetzt werden. Aber es ist doch Allgemeinwissen, dass Ärzte prädestiniert und verpflichtet sind, im Rahmen ihrer Möglichkeiten im Falle eines medizinischen Notfalls helfend einzugreifen. Dies gilt unabhängig von hierarchischen Strukturen, den gesellschaftlichen Positionen oder anderen Attributen der beteiligten Personen.

Wieso darf sich die Polizei anmaßen in einer solchen Situation, in der jede geschulte Hand bzw. geschulte Blick hilfreich ist, eine Fachärztin und eine Intensivpflegekraft wegzuschicken und die erste Hilfe unbedingt durch einen einzelnen Sanitäter leisten zu wollen? Hier besteht Aufklärungsbedarf über das Selbstverständnis der Berliner Polizei.

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