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Energiewende: Oranienburger Stadtwerke ziehen die Reißleine

Stadtwerke Oranienburg stoppen die Genehmigung neuer Hausanschlüsse. Stadtwerke Oranienburg stoppen Leistungserhöhungen von Bestandskunden für Wärmepumpen und Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge. Stadtwerke Oranienburg stoppen den Anschluss neuer Gewerbe- und Industrieflächen. Stadtwerke Oranienburg leisten Offenbarungseid bei der Bundesnetzagentur. Woidke am 18.04.24 in Oranienburg. Wird die Wahlkampfveranstaltung in der kommenden Woche zur Abrechnung der Bürger mit einer verfehlten Energiepolitik?

In einer Pressemitteilung vom 10.04.2024 informierten die Stadtwerke Oranienburg darüber, dass sie „vorübergehend“ keine neuen Hausanschlüsse mehr genehmigen werden. Auch Leistungserhöhungen für Bestandskunden sind aktuell nicht möglich. Davon betroffen sind auch Kunden, die sich beispielsweise mit dem Gedanken tragen, ihr Heizungssystem auf eine Wärmepumpe umzustellen oder für den Umstieg auf ein Elektroauto die entsprechende Ladeinfrastruktur schaffen wollten [1].

Die Beschränkung erstreckt sich auf die Oranienburger Kernstadt sowie auf den Ortsteil Sachsenhausen. Ursache sind Kapazitätsgrenzen des lokalen Umspannwerkes, über das Strom aus dem vorgelagerten Hochspannungsnetz in das Oranienburger Netz eingespeist wird. Dem gewachsenen Strombedarf wird dieses Umspannwerk nicht mehr gerecht.

„Zum erhöhten Strombedarf hat unter anderem das starke wirtschaftliche Wachstum, der Zuzug von Neubürgern nach Oranienburg sowie der verstärkte Einbau von Wärmepumpen geführt.“ [1]

Die Stadtwerke versicherten in der Mitteilung [1] ihren Kunden mit Hochdruck an einer Zwischenlösung zu arbeiten, um den Engpass zu beseitigen. Grundlegende Versorgungssicherheit soll allerdings der Neubau eines Umspannwerkes bieten, dessen Fertigstellung für Ende 2026 geplant ist.

Unklar ist, welche Auswirkungen die jüngste Ankündigung der Stadtwerke auf die wirtschaftliche Entwicklung Oranienburgs hat. Presseberichten zufolge hatte Orafol, der größte private Arbeitgeber in der Region, für 2025 geplante Investitionen in Höhe von 120 Mio. Euro zurückgehalten. Als Grund gab das Unternehmen bürokratische Hindernisse sowie Probleme in der Kommunikation mit Behörden und der politischen Ebene an [2]. Mit der jüngsten Hiobsbotschaft werden dem Unternehmen, das weltweit 2800 Mitarbeiter und am Stammsitz in Oranienburg knapp 1300 Menschen beschäftigt [2], Investitionsentscheidungen nicht gerade leicht gemacht.

Mit Spannung wird unterdessen der Besuch der SPD-Landtagsfraktion in Oranienburg erwartet [3]. Mit dabei ist auch der SPD-Landesvorsitzende und amtierende Ministerpräsident Dietmar Woidke sowie der Fraktionsvorsitzende Daniel Keller. Der Termin war bereits seit langem angekündigt und als Wahlkampfveranstaltung geplant. Nun könnte es anders kommen. Woidke und Co. Könnten mit unangenehmen Fragen von Bürgern konfrontiert werden, die gerade einen Hausbau planten, ganz im Sinne des GEG den Austausch ihrer Heizungsanlage gegen eine politische präferierte Wärmepumpe vornehmen oder schlicht „klimabewusst“ auf ein Elektroauto umsteigen wollten.

Vielleicht wollen einige Bürger aber auch ganz einfach nur wissen, ob es wirklich klug ist, immer mehr konventionelle Stromerzeuger wie Kernkraft, Gas oder Kohle aus dem Netz zu verbannen und gegen das volatile Angebot von Wind und Sonne einzutauschen. Denn bei einer wachsenden Zahl elektrischer Verbraucher wie Wärmepumpen und E-Autos im Netz könnten auch in Orten mit besseren Bedingungen als in Oranienburg Belastungsgrenzen schneller erreicht werden, als manchem Bürger, manchem Unternehmer und auch manchem Politiker lieb ist.

Text: Jan Müggenburg

[1] https://stadtwerke-oranienburg.de/kapazitaetsengpass-im-stromnetz-der-stadtwerke-oranienburg/
[2] https://www.maz-online.de/lokales/oberhavel/oranienburg/orafol-chef-holger-loclair-wir-fordern-ein-klares-bekenntnis-zum-standort-oranienburg-6XN4WLQWNFDWRLYXIGDT7FXSPE.html
[3] https://www.spd-fraktion-brandenburg.de/seid-dabei-bilanztour-der-landtagsfraktion/

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