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Massiver Widerstand gegen Friedensappelle in Brandenburg

Auch in den Kreistagen von LOS und LDS scheitern Friedensappelle nach dem Vorbild von Königs Wusterhausen, Guben und Zehdenick. In LOS fehlte dazu ausgerechnet die Stimme eines Abweichlers von der Friedenspartei Die Linke. Die Kreistagsabgeordnete Hildegard Vera Kaethner fordert jetzt öffentlich eine Stellungnahme vom Chef des Linken-Landesverbandes. Und der Kreistag Dahme-Spreewald bringt sogar das Innenministerium gegen einen Friedensappell der Freiheitsboten KW in Stellung.

Die Stadtverordnetenversammlungen in Königs Wusterhausen und Guben sowie der Zehdenicker Bürgermeister hatten es vorgemacht. Offene Briefe an die Bundesregierung erzielen eine hohe mediale Aufmerksamkeit. Untersetzt mit der demokratischen Legitimierung einer kommunalen Vertretung verleihen sie einer entsprechenden Erklärung ein größeres Gewicht.

Nur knapp scheiterte im Kreistag Oder-Spree ein gemeinsamer Antrag der Fraktionen FDP/B-J-A/BVFO und DIE LINKE [1], [2]. Der Kreistag LOS sollte den Brief der Stadt Zehdenick unterstützen und den Landrat beauftragen, den Text des Briefes als Position des Landkreises an die Bundesregierung zu übermitteln. Doch bei der Abstimmung reichte es nur zur Parität von Ja- und Nein-Stimmen. Laut Geschäftsordnung [3] war der Antrag damit abgelehnt.

Glaubwürdigkeit der Linken als „Friedenspartei“ steht auf dem Spiel

Mit Stephan Wende verweigerte ausgerechnet ein Mitglied der Antrag-stellenden Fraktion DIE LINKE seine Zustimmung [2]. Wende sorgte damit für viel Frust bei den Unterstützern des Antrags. Hildegard Vera Kaethner, Kreistagsabgeordnete in LOS, fordert nun von Sebastian Walter, dem Landesvorsitzenden der Partei DIE LINKE, eine Stellungnahme.

In dem Schreiben, das der Brandenburger Freiheit vorliegt, fordert Kaethner von Walter Klarheit darüber, wie ernst es der Linken mit dem Anspruch „Friedenspartei“ zu sein tatsächlich ist.

Konkrete Fragen an Sie: 1. Schließen Sie sich den in Rede stehenden Friedensappellen an?

a) Wenn ja, wie machen Sie dies glaubhaft – b) Würden Sie eine aufklärende, öffentliche Friedensveranstaltung mit Persönlichkeiten aus der Friedensbewegung /oder /und Rosa Luxemburg Stiftung, wie z.B. dem Prof. Dr. Michael Brie in Brandenburg oder/und dem Friedenshistoriker Dr. Daniele Ganser ausrichten ?

heißt es in dem Schreiben der selbstdenkenden Friedensbewegten, die zugleich auch Mitglied im Rat für Ethische Aufklärung Brandenburg ist.

Sebastian Walter gerät damit in Zugzwang. Erst Mitte Dezember hatten die Landesvorsitzenden der Partei Die Linke zusammen mit viel Parteiprominenz die „Leipziger Erklärung“ [4] unterzeichnet. Darin heißt es:

„Es braucht internationale Initiativen für Abrüstung und Entspannungspolitik …Wir fordern diplomatische Initiativen von Bundesrepublik und EU gegenüber Staaten wie China und Indien, die Einfluss auf Russland ausüben können, um zu einem Waffenstillstand und Friedensverhandlungen zu kommen …“ [4].

Warum die Linke sich nicht deutlich für direkte Verhandlungen mit Russland ausspricht, geht aus der Erklärung nicht hervor. Diplomatie als Mittel der Konfliktbewältigung gehört jedoch bei allen kursierenden Resolutionen zu den Kernforderungen. Die Glaubwürdigkeit der Linken als Friedenspartei steht auf dem Spiel.

Differenzen auch bei den anderen Parteien

Doch unterschiedliche Auffassungen in der Frage des Ukraine-Konfliktes gab und gibt es auch innerhalb anderer Parteien. Während die AfD-Fraktion im Kreistag Oberhavel sowohl der Friedenspetition der Bürgerinitiative Oberhavel-Steht-Auf als auch dem Antrag der Linken die Unterstützung verweigerte, stimmte die AfD-Fraktion der SVV Oranienburg geschlossen für die Unterstützung des Aufrufs der Bürgerinitiative [5]. Ein symbolischer Akt, denn der Aufruf wurde vom Kreistag OHV als Petition behandelt und bereits in der Woche zuvor abgelehnt.

Kritik kassierte die AfD-Fraktion in Oranienburgs SVV ausgerechnet vom Kreis-Chef der Linken Enrico Geißler. Sein Vorwurf: Die AfD liefere in der Frage ein uneinheitliches Bild ab, da sie sich im Kreistag zum Aufruf von Oberhavel-Steht-Auf der Stimme enthielt. Geißler glich dabei unfreiwillig einem im Glaushaus sitzenden Steinewerfer. Denn er übersah, dass die Petition der Grundrechts- und Friedensaktivisten im Kreistag durchaus Unterstützung einzelner Abgeordneter seiner eigenen Partei genoss [6], von dem Scheitern der Friedensresolution in LOS aufgrund einer fehlenden Linken-Stimme ganz zu schweigen.

Schwere Geschütze gegen Friedensappell der Freiheitsboten Königs Wusterhausen

Im Landkreis Dahme-Spreewald brachte die dortige Verwaltung sogar das Ministerium für Inneres und Kommunale Angelegenheiten (MIK) in Stellung. Als untere kommunale Aufsichtsbehörde hatte sich die Kreisverwaltung bereits Ende Oktober an das MIK gewandt, um die Rechtmäßigkeit des SVV-Beschlusses in Königs Wusterhausen prüfen zu lassen [7].

Das Gutachten des MIK war zwischenzeitlich über das Bürgerinformationssystem des Kreises Dahme-Spreewald abrufbar – inzwischen ist es das nicht mehr. In seiner Beschlussvorlage zur Ablehnung des Friedensappells der Freiheitsboten Königs Wusterhausen zitiert das Landratsamt LDS das Innenministerium wie folgt:

„In der Antwort des MIK vom 28.10.2022 teilt dieses mit, dass aus hiesiger Sicht der offene Brief der Stadtverordnetenversammlung Königs Wusterhausen an die Bundesregierung rechtswidrig ist.“ [7]

und weiter heißt es in der Beschlussvorlage:

„Das MIK verweist auf die Kompetenz des Bundes bei Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik. … Die drei genannten Forderungen, welche den Inhalt des offenen Briefes darstellen, haben keinen konkreten örtlichen Bezug zum Landkreis Dahme-Spreewald und unterliegen nicht dessen Zuständigkeit. Es handelt sich hier um die Kompetenzen des Bundes in den Bereichen der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik.“ [7]

Offen bleibt, wie das MIK Beschlüsse wie jene des Kreistages Oberhavel zum Soforthilfefonds für Ukrainische Kriegsgeflüchtete [8] oder zur LGBTQ-Problematik in Polen [9] bewertet.

[1] https://web.landkreis-oder-spree.de/somacos/sessionnet/bi/getfile.php?id=35054&type=do
[2] https://web.landkreis-oder-spree.de/somacos/sessionnet/bi/getfile.php?id=35173&type=do
[3] https://www.landkreis-oder-spree.de/media/custom/1300_87_1.PDF?1640599616
[4] https://www.dielinke-brandenburg.de/detail/news/leipziger-erklaerung0/
[5] https://embed.contentflow.net/output/ivZAqClnzFu9ICbxyZZs , ab ca. 1:44:00
[6] https://embed.contentflow.net/output/9NkkBXVLqvTvDwLghEkp , ab ca. 2:57:00
[7] https://ris.dahme-spreewald.de/vorlagen_details.php?vid=20221711100140
[8] https://www.oberhavel.de/buergerinfo/getfile.asp?id=67932&type=do (TOP 2.6 / Vorlage: 0630/BV/2022)
[9] https://www.oberhavel.de/buergerinfo/getfile.asp?id=62411&type=do (TOP 4.5 / Vorlage: 0328/BF/2020)

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