Robert Wolinski ist seit zehn Jahren fraktionsloser Stadtverordneter für „Die Heimat“ vormals NPD in Velten. In den vergangenen Monaten fiel er in den Stadtverordnetenversammlungen durch hartnäckige Anfragen an die Verwaltung zum Thema Neutralitätspflicht und Parteienfilz auf.
Gabriele Schade befragte ihn ein paar Tage vor den am 09. Juni 2024 stattgefundenen Wahlen im nachfolgendem Interview zu diesen und anderen Themen.
BF: Herr Wolinski, Sie sind seit knapp 10 Jahren fraktionsloser Stadtverordneter für „Die Heimat“ ehemals NPD in Velten und treten auch wieder zur Kommunalwahl am 09.Juni 2024 an. In den vergangenen Stadtverordnetenversammlungen stellten Sie häufig Anfragen an die Verwaltung. So haben Sie zur Sitzung am 12.10.2023 Fragen zur Neutralitätspflicht in Bezug auf Feste, welche der SPD Ortsverband Velten ausrichtet, gestellt. Dabei ging es um die Freiwillige Feuerwehr Velten, die diese Veranstaltungen unterstützt hat. Sie erhielten u.a. die Antwort, dass die Freiwillige Feuerwehr diese Feste nicht unterstützt habe. Das entsprach nicht ganz der Wahrheit, denn die FFV war durchaus bei Festen in der Bergstraße dabei. Es wurden seinerzeit Fotos bei Facebook veröffentlicht. Wie sind Sie mit dieser Antwort umgegangen und haben Sie das Thema noch weiter verfolgt ?
R.Wolinski: Ja, die Themen Feuerwehr und SPD-Filz wurden weiter verfolgt. In den zurückliegenden SVVs gab es mündliche Anfragen dazu. Als es zuletzt thematisiert wurde, war die Bürgermeisterin nicht anwesend und die Stellvertreterin Frau Colin-Feeder, ebenfalls SPD Mitglied, musste die Beantwortung übernehmen. Es ging in der Frage darum, dass die Veltener Feuerwehr mit staatlich subventionierten Gerätschaften bei Kinderfesten, welche die SPD ausgerichtet hatte, dabei war. Frau Colin-Feeder teilte mit, dass dieses kein Problem sei und dass Teile der Jugendfeuerwehr dort freiwillig teilgenommen hätten und unabhängig agieren könne. Ich möchte der Freiwilligen Feuerwehr keine Steine in den Weg legen und schätze deren Arbeit sehr. Jedoch sehe es als wichtig an, dass diese öffentlichen Einsatzfahrzeuge die aus Steuermitteln finanziert und unterhalten werden, der Stadt gehören und dieser somit zur Verfügung stehen. Damit unterliegen sie dem Neutralitätsgebot und können nicht an Festen teilnehmen, welche von der SPD ausgerichtet werden. Es ist offenkundig, dass hier ein Missbrauch stattgefunden hat. Durch die anstehenden Kommunalwahlen war es in den letzten Wochen zeitlich nicht mehr möglich, sich dem Thema intensiver zu widmen. Die Voraussetzung, dass es weiter verfolgt wird, ist jedoch, dass wir weiterhin in der SVV vertreten und somit befugnis-/klageberechtigt sind. Wenn die Bevölkerung es will, wird es in der neuen Legislaturperiode eine Fortsetzung geben. Andere Fraktionen der SVV haben auch Interesse daran bekundet. Derzeit wurden die Veltener Haushalte in einem Rundschreiben von uns darüber aufgeklärt, wie für SPD Zwecke Steuermittel verschwendet und sich Vorteile verschafft wurden. Der Ortsverband der SPD kann nicht davon ausgehen, dass ihm Maschinenstunden und Verschleißsachen, welche über Steuergelder finanziert werden, zu Gute kommen. Es wird sich indirekt aus der Stadtkasse bedient.
BF: Außerdem stellten Sie eine Anfrage über die Besetzung von Fachbereichen und leitenden Funktionen im Rathaus Velten in den letzten Jahren. Ihnen war aufgefallen, dass diese Stellen häufig mit SPD-Mitgliedern besetzt wurden. Können Sie das bitte ausführlicher erläutern.
R.Wolinski: Ein Beispiel: Der Fachbereich II „Soziales & Bürgerservice“ wurde Ende 2018 mit Frau Colin-Feeder besetzt. Deren berufliche Laufbahn nach dem Studium begann bei der Initiative „Tolerantes Brandenburg“. In sozialen Medien fiel sie mit einer überwiegend indoktrinierten sozialdemokratischen Haltung auf. Sie trat dann 2017 zur Bürgermeisterwahl in Oranienburg an und scheiterte. Danach erhielt sie die Stelle im Veltener Rathaus. Es gab auf die Stellenausschreibung mehrere Bewerber. Ich stellte eine Anfrage aufgrund welcher Kriterien sie ausgesucht wurde. Diese wurde zuerst blockiert. Auch der Antrag auf Akteneinsicht wurde abgelehnt. Selbst im Vier- Augenprinzip war es nicht möglich. Die Stadtverwaltung, die durch die Bürgermeisterin vertreten wird, machte dicht. Es gab kein Herankommen mehr und die Frage, wieso man eine solch wichtige Schlüsselstellung an jene Dame vergab, blieb offen. Dabei waren uns andere Bewerber mit wesentlich besseren Voraussetzungen geläufig.
Nun kommt noch hinzu, dass sie die Tätigkeit bedauerlicherweise nicht souverän ausübt. In den letzten Jahren gab es viele Personalwechsel in den Kitas und in ihrem Zuständigkeitsbereich der Verwaltung. Es fehlt dauernd Kita-Personal. Ein Kita-Leiter wurde entlassen mit anschließenden Gerichtsverfahren. Es gab Veränderungen in den Kitas, bestimmte ideologische Richtungen wie Gender und Diversity wurden durch neue Konzepte und neue “politisch korrekte” Mitarbeiter verfolgt. Vielen Eltern stößt das sauer auf. Ein Beispiel dafür ist, dass es in Gruppen der Kita Kinderland zeitweise keine Puppen mit weißer Hautfarbe mehr gab. Möchte man den Kindern damit zeigen, wie schön und bunt die Welt ist? Mir gefällt die Manipulation in der Kindheitsstube nicht. Und das schlimme ist, dass das Thema an vielen weiteren Beispielen noch ausgeweitet werden kann.
Die Sachlage in Bezug auf weitere Personaleinstellungen wurde von uns in den darauffolgenden Jahren weiter verfolgt. Als stellvertretende Landesvorsitzende der SPD scheint Frau Hübner ihren Parteigenossen gute Stellungen verschaffen zu müssen. So kam auch Herr Jilg, der jetzige Bauhofleiter zu seiner Stelle. Er war als sozialdemokratischer Bürgermeisterkandidat in Leegebruch angetreten und scheiterte.
Es häuften sich Disziplinarverfahren gegen Mitarbeiter, die der Bürgermeisterin Widerspruch entgegen brachten. Manche zum Teil langjährige und in der Stadtverwaltung kompetent ausgebildete Mitarbeiter fühlten sich nicht mehr wohl an ihrem Arbeitsplatz unter dem Führungsfilz und haben die Stadtverwaltung verlassen.
Es wird nun seit geraumer Zeit ein „SPD Wohlfühlhafen“ eingerichtet.
Auf der einen Seite profitieren also die Mitarbeiter mit Parteibuch. Sie bekommen eine gute Stelle angeboten und die Bürgermeisterin hat den Vorteil, dass diese ihr nicht widersprechen. Denn parteiintern widerspricht man nicht. Berufliche Qualifikationen werden dabei scheinbar nicht sonderlich berücksichtigt.
Das führt auf der anderen Seite zu Benachteiligungen bei anderen Bewerbern. Auf allen Ebenen finden wir mittlerweile Personen die ein SPD-Parteibuch haben.
BF: Haben Sie als Stadtverordneter die Möglichkeit mit Mitarbeitern in der Verwaltung zu sprechen und erhalten Sie ausreichende Informationen ?
R.Wolinski: Es ist so, dass das Klima in der Stadtverwaltung in den letzten Jahren merklich angespannter wurde. Das liegt vermutlich an dem Umstand, dass es ein großes Arsenal an politischer Opposition, bestehend aus dem Bürgerbündnis Pro Velten, der AfD und meiner Person gibt. Die Mitarbeiter werden mittlerweile gebrieft, dass keine Informationen nach draußen dringen dürfen. Es sollen keine Gespräche mit Politikern der Stadt geführt werden. Es gibt sehr viele nette Mitarbeiter in der Stadtverwaltung, bei denen auch Redebedarf vorhanden ist. Diese verweisen immer darauf, dass nichts an die Öffentlichkeit kommen darf was dann auf sie als Mitarbeiter hinweist.
Kritik soll einfach nicht nach außen dringen. Zum Teil suchen die linientreuen Oberen in der Verwaltung nach den Maulwürfen im Mitarbeiterstamm, anstatt den direkten Weg zur tatsächlichen Problemlösung einzuschlagen. Es wäre sinnvoller, Fehler öffentlich und transparent zu besprechen, um diese dann abzustellen. In unserer Stadtverwaltung muss es wieder im Sinne der Bürger und der Verwaltungsmitarbeiter Klarheit geben. Es muss ein besseres und neutrales kommunikatives Miteinander angestrebt werden, sowie das Arbeitsklima verbessert werden.
BF: Wie ist der Austausch mit anderen Stadtverordneten bzw. Fraktionen ? Haben Sie die Möglichkeit als fraktionsloser Einzelkandidat auch Anträge einzubringen ?
R.Wolinski: Ja, es ist mir seit Beginn der letzten Legislaturperiode möglich, Anträge zu stellen. Der damals neue Vorsitzende der SVV Marcel Siegert (Pro Velten) hat es zum Glück ermöglicht. Es ist zwar etwas umständlich, da ich zuerst in einer Sitzung das Thema vorstellen muss. Findet dieses Thema dann eine Mehrheit, kann es als Antrag in der nächsten Sitzung auf die Tagesordnung genommen werden. In anderen Gemeinden und Städten gibt es diese Praxis schon länger. Unsere Kommunalverfassung räumt diese Möglichkeit auch ein. Allerdings hatte der vorhergehende Vorsitzende mir dieses Recht nicht ermöglicht. Es wäre dennoch wünschenswert auch dahingehend das Prozedere weiter zu vereinfachen.
Die Gesprächsbereitschaft unter den Abgeordneten der Fraktionen ist zwiegespalten. Es gibt den etablierten politischen Stammtisch für die rot-roten Stadtverordneten. Dort ist man sich oft schon zu fein einfach nur “Guten Tag” zu sagen. Und dann gibt es Abgeordnete der anderen Fraktionen die tatsächlich an konstruktiven Gesprächen interessiert sind, auch wenn man nicht immer gleicher Meinung ist.
BF: Wie bewerten Sie die Entwicklung Veltens in den letzten 10 Jahren ? Gibt es Ihrer Meinung nach Bereiche, die sich positiv verändert haben ?
R.Wolinski: Velten hat sich in vielen Bereichen positiv verändert. Die Feuerwehr gilt im Umkreis als eine der am besten ausgebildesten und ausgerüstesten Wehren. Die Sportanlagen in der Germendorfer Straße und Wagnerstraßen wurden qualitativ stark aufgewertet.
Der Bahnhof und sein Vorplatz wurden u.a. mit der Hilfe von Herrn Plentz toll modernisiert. Am neuen Wasser-Spielplatz auf dem Marktplatz sehe ich viele Kinder lachen, auch wenn ich mit der Situation am Marktplatz nicht zufrieden bin, denn die Fehler der Innenstadtkonzeption aus den 90iger Jahren wird uns wohl noch sehr lange begleiten. Dennoch gab es auch hier viele schöne Entwicklungen die die Innenstadt zusammenwachsen ließen, so die Museums- und Ratsgasse. Da waren sich zum Glück viele Abgeordnete in der Stadtverordnetenversammlung einig. Wir haben neue Unternehmen die sich hier angesiedelt haben. Dadurch sind die Steuereinnahmen in den letzten zehn Jahren stetig gestiegen.
Außerdem gibt es unter den Veltenern Bürgern eine neue große politische Teilhabe, die aufgrund der unterschiedlichen politischen Ausrichtungen im Stadtparlament entstand. Man diskutiert kontrovers, sieht Dinge nicht immer durch die rosa-rote Brille der “politischen Korrektheit” und findet dann oftmals unkonventionelle Wege für demokratische Mehrheitslösungen. So wurde u.a. das Bau-Moratorium Anfang 2020 beschlossen.*
Im vergangenen Jahrzehnt gab es eine stete Steigerung der Bevölkerungszahl von ca. 100-200 Zuzügen pro Jahr. Das ist das, was die Stadt nachhaltig und sinngerecht vertragen kann. So wird auch der Kleinstadtcharakter erhalten.
Unser großer Wunsch für die Zukunft ist, dass jährlich in Velten mehr Kinder geboren werden, als Menschen sterben. Dies schaffen wir leider seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr und diese Umkehr ist ein großer Traum. Dafür möchten wir die besten Voraussetzungen schaffen. In puncto Lebensqualität, Infrastruktur und Bewahrung unserer heimatbewussten Werte.
*Anmerkung der Redaktion
Das Bau-Moratorium wurde im Sommer 2021 wieder aufgehoben.
BF: Was müsste in den Verwaltungsstrukturen Veltens geändert werden ?
R.Wolinski: Das ist eine schwierige Frage. Wir benötigen einen neuen Bürgermeister. Frau Hübner wird es vermutlich nicht schaffen, sich zu ändern. Parteilosigkeit wäre von Vorteil und natürlich die Akzeptanz der Stadtverordneten. Auch müssten Regularien geschaffen werden, dass Stadtverordnete über Einstellungen von Mitarbeitern in verantwortungsvolle Positionen mitentscheiden. Die Kommunalverfassung im Land Brandenburg lässt das zu und das ist in anderen Verwaltungen durchaus üblich. Die Stadtverwaltung muss parteipolitisch unabhängig sein. Wenn immer SPD-Genossen eingestellt werden, wird es lediglich wertlose Lippenbekenntnisse zur Neutralität geben. Es muss die Neutralitätspflicht durchgesetzt werden.
BF: Sie sind seit zwei Legislaturperioden im Stadtparlament vertreten. Wie war vor knapp 10 Jahren die Reaktion, als Sie dort einzogen ?
R.Wolinski: Das ist wahrscheinlich eine sehr „lustige“ Geschichte. Damals gab es die AfD im Stadtparlament noch nicht. Ich bin mit 24 Jahren das erste Mal in Velten angetreten. In der ersten Sitzung sprang ein SPD-Genosse erschrocken auf, weil er nicht neben einem Faschisten sitzen wollte. Ich war über dieses Verhalten überrascht. In der zweiten Sitzung war dann der große demokratische Tisch, den es seinerzeit im Veltener Rathaus gab, an der Stelle wo ich saß, durchgesägt. Für mich gab es dann einen kleinen herausgesägten Extra-Tisch. Diese Aktion hat dann bundesweit medial zu Gelächter geführt. Allerdings wurde damit nur deutlich, dass wir nicht in einer wahrhaften Demokratie leben, sondern nur einer scheinheiligen Demokratiesimulation aufsitzen. Wir sind dann den Klageweg gegangen. Es sollte festgestellt werden, dass dieser Vorfall unrechtmäßig war. Um aus diesem Dilemma herauszukommen, hat die Stadtverwaltung schlussendlich alle Fraktionen zerschnitten und der demokratische Tisch in Velten war Geschichte. Der Klagegrund war damit ebenfalls hinfällig und so lachten alle über die Unfähigkeit in unserem Parlament und es wurde somit bereits 2014 offenbart, dass man von etablierter Seite nicht an einem demokratischen Miteinander interessiert ist. Wohlgemerkt, es waren auch damals die Genossen der SPD federführend.
BF: In den vergangenen Wochen und Monaten wird immer öfter von Übergriffen auf Politiker berichtet. Auch soll die Bürgermeisterin Frau Hübner Ende letzten Jahres bedroht worden sein. Haben Sie auch schon einmal Ähnliches erlebt ?
R.Wolinski: Ich bin seit ca. 20 Jahren politisch tätig und war vor meinen beiden Legislaturperioden in Velten auch im Bundesgebiet politisch sehr aktiv. Hier nur ein Beispiel aus der Erinnerung heraus. Bei einer Veranstaltung/Kundgebung vor ungefähr 10-15 Jahren in Göttingen sind wir in einer Gruppe von 15 Personen von einem Mob von 600-700 Personen mit Schlagstöcken, Glasflaschen und Fahrradschlössern usw. angegriffen worden. Wir haben uns zwar anständig verteidigt, aber das Szenario war schon krass. Gewalt gegen Politiker/politische Akteure gibt es also seit eh und je in der Bundesrepublik Deutschland. Jetzt werden allerdings auch kleine Politiker auf Kommunalebene bedroht. Vermutlich ist der Grund dafür die große Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Politik. Man hat den Eindruck, dass manche Politiker in einer Wohlfühlblase leben und die Realität nicht mehr kennen, sozusagen wird am Bürger vorbei regiert. Die CDU, SPD, Linke, FDP und Grüne haben dazu in den vergangenen Jahren viel Wind gegen die Opposition gesät und bekanntlich nach dem deutschen Sprichwort tritt dann folgendes in Kraft: “Wer Wind sät, wird Sturm ernten.” Das bedeutet nicht, dass ich jegliche dieser Reaktionen gutheiße. Aber in unserer Gesellschaft gibt es immer mehr Anspannung aufgrund desaströser politischer Entscheidungen. Es geht an die Existenz und Zukunft der Menschen, da wird der Ton auch rauer, schließlich hat man vielerorts lange genug einfach nur geschwiegen.
Ich hoffe, dass sich die angespannte politische Lage im Land in den nächsten Jahren wieder beruhigen und ein positives Umdenken bzw. eine positive Umwälzung stattfinden wird.
BF: Ich danke Ihnen für das interessante Gespräch.
Anmerkung der Redaktion:
Herr Wolinski wurde am 09.Juni 2024 mit 924 Stimmen wieder in die Stadtverordnetenversammlung Velten gewählt. Er erhielt die drittmeisten Stimmen aller Kandidaten.