You are currently viewing Versagen oder Absicht – Das ist hier die Frage?

Versagen oder Absicht – Das ist hier die Frage?

Viele Fragen der Stadtverordneten und nur wenige Antworten der Verwaltung machten aus der letzten Sitzung der Veltener SVV eine kurze Veranstaltung. Steckt dahinter Methode? Waren die Fragen zu unbequem? Der Bericht von Gabi Schade.

Obwohl die Sitzung der Veltener Stadtverordnetenversammlung vom 21.März 2024 nur gut eine Stunde dauerte, kam es doch wieder zu interessanten Situationen.

Gleich zu Beginn zum TOP 3 „Entscheidung gemäß § 42 Abs. 3 Satz 2 BbgKVerf über eventuelle Einwendungen gegen die Niederschrift über den öffentlichen Teil der letzten Sitzung“meldete sich

Herr Pötsch (CDU) zu Wort. Er vermisste die Anfrage seiner Fraktion aus der vorherigen Sitzung.

Diese war seinerzeit zu spät eingereicht worden. Er ging davon aus, dass die Anfrage in die nächste SVV übernommen wird. Herr Siegert möchte das Thema im TOP 6 klären, da alle Anfragen zu der aktuellen Sitzung nicht beantwortet wurden.

In der Bürgerfragestunde meldeten sich drei Fragesteller zu Wort. Es ging um die Schließung der Ofenstadthalle ab April 2025 zur Brandschutzertüchtigung und Sanierung, sowie um die Sauberkeit am Bahnhof und die Ausschreibung zur mobilen Jugendarbeit.

Außerdem meldete sich ein Veltener mit einen Sachverhalt zu Wort, welcher durch einen Grundstücksbesitzer an ihn herangetragen wurde. Dieser hatte an der Umfriedung seines Grundstückes ein Banner mit der Aufschrift „Die Ampel muss weg“ angebracht und erhielt daraufhin ein Schreiben des Ordnungsamtes Velten, mit dem Inhalt einer Anhörung nach §55 OwiG [1]. Ihm wird vorgeworfen gemäß §9 der Stadtordnung Abs.1 [2] widerrechtlich gehandelt zu haben und er wurde aufgefordert, das „Werbebanner“ umgehend zu entfernen. Aufgrund seiner langjährigen Erfahrung in der Berliner Verwaltung in Neukölln hält der Fragesteller das eingeleitete Verfahren rechtlich für nicht zulässig. Die Anhörung nach §55 OwiG widerspricht seiner Auffassung nach dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit. Folgende Fragen stellt er an die Verwaltung:

– Wie kann der Aussendienst besser geschult werden in Bezug auf das Opportunitätsprinzip [3] und dem damit einhergehendem Handeln des Aussendienstes und wie kann er sich absichern?

– Was werden Sie dagegen unternehmen, dass zukünftig solche Bescheide nicht verschickt werden und das die Mitarbeiter die Gesetze, Normen und Vorschriften besser lesen, anwenden und interpretieren können?

– Wie wird in diesem Fall mit dem Betroffenen umgegangen?

Er teilte seine Besorgnis mit, dass aufgrund der politischen Situation im Land und die damit einher-gehende immer größer werdende Spaltung der Gesellschaft, die Grundrechte als Basis allen Handelns zu beachten sind. In dem vorliegenden Prüfungsschema erkennt er den Tatbestand der Nötigung bzw. sogar Verfolgung Unschuldiger. Frau Hübner teilte daraufhin mit, dass ihr der Sachverhalt nicht bekannt sei und sie sich den Vorgang ansehen wird. Sie hält die Mitarbeiter des Ordnungsbereiches für ausreichend geschult. Nach ihrer Erfahrung hört sie das erste Mal von solch einem Verfahren und es gäbe in der Stadt kaum Widerspruchsverfahren; was für ihre Mitarbeiter spräche.* Ein Bescheid dürfte in diesem Fall noch nicht erlassen sein.

*Anmerkung der Verfasserin: Es gab in der Vergangenheit mehrere personelle Veränderungen im Ordnungsamt Velten.

Der Mann führte weiter aus, dass in einem Teil der Breiten Straße ihm sieben Grundstücke bekannt seien, welche gegen die Stadtordnung durch das Anbringen von Werbebannern verstoßen. In der Botag-Siedlung würde seit vier Jahren ein Banner hängen. In der Viktoriastraße würden sich in einer Gaststätte sieben erlaubnispflichtige Spielgeräte befinden, in der sich die Mitarbeiter des Ordnungsamtes sogar ihren Döner holen. Die ordnungsbehördliche Wahrnehmung der Mitarbeiter sei in der Aussenwirkung nicht stimmig. Die Bürgermeisterin verspricht nochmals eine Prüfung.

Im nächsten TOP „Bericht der Bürgermeisterin“ teilte Frau Hübner dann u.a. mit, dass die Stadt Velten im Jahr 2023 als vorläufiges Jahresergebnis mit einen Gewinn von 500T Euro abschließen werde. Frau Noack (SPD ) wundert sich über diesen Betrag, da der Kämmerer in der letzten Sitzung noch ein Minus in Höhe von 1,3 Mio. Euro prognostizierte. Sie fragt, ob die Differenz von 1,8 Mio. wie im Bericht vorgetragen, ausschließlich aus Gewerbesteuerzahlungen sei und bittet bei einer Bejahung darum, dass allen Stadtverordneten die Zahlen der Gewerbesteuer für die Jahre 2014-2016 zur Verfügung gestellt werden.

Es gibt außerdem Nachfragen von Frau Mihatsch (Pro Velten) und Herrn Wolinski (Die Heimat), zu dem am 30.März 2024 stattfindenden „Holi-Fest“ am Marktplatz. Frau Mihatsch kritisierte, dass die Bevölkerung erst vor einer Woche erfahren hatte, dass dieses Fest stattfindet. Im Veranstaltungskalender sei es nicht aufgeführt gewesen. Herr Wolinski erkundigt sich nach der Finanzierung und ob es eine staatlich-subventionierte Gegenveranstaltung zu der am gleichen Tag am Bahnhof stattfindenden Veranstaltung sei. Dort findet um 17 Uhr eine Kundgebung vom Compact-Magazin mit dem Titel „Die blaue Welle – Frieden mit Russland“ statt. Frau Hübner teilt mit, dass dieses Fest schon länger geplant worden sei und das die Budgets der anderen Veranstaltungen damit nicht belastet und Fördermittel zur Verfügung gestellt werden.

Nun folgt TOP 6 „Anfragen der Stadtverordnetenversammlung“ Herr Siegert erfragte die Gründe der Nichtbeantwortung der Anfragen der Fraktionen Pro Velten, AfD und CDU. Am Nachmittag waren alle Anfragen mit folgenden Vermerk im Ratsinfosystem [4] veröffentlicht worden:

Zwischenmitteilung

Eine Beantwortung wird gemäß der Geschäftsordnung der Stadtverordnetenversammlung Velten in der nächsten Sitzung oder bis dahin schriftlich mitgeteilt.

Frau Hübner teilte lapidar mit, dass der Grund die personelle Ressource sei. Die Anfrage der CDU vom 1.Februar 2024 sei zwischenzeitlich schriftlich beantwortet worden. Herr Pötsch wies darauf hin, dass diese Anfrage in keinem Protokoll erscheint und er möchte, dass sie aufgenommen wird. Dann meldete sich Herr Wolinski (Die Heimat) zu Wort und merkte an, dass auch seine Anfrage vom 1.Februar 2024 in diese Sitzung übernommen werden sollte. Dieses sei nicht geschehen. Er fragte an, ob diese Anfrage zur nächsten Sitzung übernommen werden könnte. Der Vorsitzende der SVV Marcel Siegert (Pro Velten) erklärte ihm, dass gemäß Geschäftsordnung die unbeantworteten Anfragen entweder zur nächsten Sitzung oder vorher schriftlich beantwortet werden. Nach seiner Auffassung müsste die Geschäftsordnung entsprechend geändert werden, um die nicht beantworteten Fragen ins Protokoll aufzunehmen. Er drängt auf Beendigung des Themas, da er im Moment keine Lösung sieht und schlägt vor, dass dieses in einer der nächsten Sitzungen diskutiert und ggfs. angepasst werden solle. Herr Wolinski erklärte daraufhin nochmals seine Sichtweise, dass dieses Gremium die einzige Möglichkeit sei, Anfragen öffentlich vorzutragen. Wenn diese Anfragen nicht beantwortet werden können, müssten sie automatisch in die nächste SVV übernommen werden.

Da aufgrund der Nichtbeantwortung der heutigen Anfragen keine Nachfragen gestellt werden können, möchte Herr Siegert weiterhin den TOP beenden.

Das sah der Fraktionsvorsitzende der AfD Herr Gehring anders und merkte an, dass es um die Öffentlichkeit der Anfragen gehe und die Verwaltung dieses durch die Nichtbeantwortung verhindern würde Er möchte seine Anfragen vorlesen. Herr Siegert geht auf diese Bitte nicht ein und weist darauf hin, dass jede Fraktion Änderungen zur Geschäftsordnung beantragen kann. Er sieht im Moment keine Lösungsmöglichkeit und schließt nunmehr den Tagesordnungspunkt.

Die AfD hatte zwei Anfragen zu kritischen Themen formuliert. In der Anfrage 2 kommt das Thema zur Sprache, welches in der Bürgerfragestunde vorgetragen wurde.

Anfrage 1

Einführung

Die Fragen beziehen sich auf den MAZ-Artikel vom 27.02.2024 zum Thema Wohnungsnot, Fremdenfeindlichkeit und der Fachkräftesituation in Veltens Seniorenheimen.

  1. Welche konkreten Informationen liegen der Stadtverwaltung zu fremdenfeindlichen Vorfällen in Velten für das Jahr 2023 vor?
  1. Wie bewertet die Stadtverwaltung politische Äußerungen von Stadtverordneten, die der Stadt ein fremdenfeindliches Image in der öffentlichen Presse zuschreiben, und welche konkreten Fakten und Zahlen liegen zum Sachverhalt nachweislich vor?
  1. Welche Informationen liegen der Stadtverwaltung zu Kündigungen von Mitarbeitern in Veltener Pflegeeinrichtungen vor, die aufgrund der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ab dem 15.03.2022 ihr Arbeitsverhältnis beendet haben?
  1. Welche konkreten Maßnahmen plant die Wirtschaftsförderung der Stadt Velten, um den Standort für Pflegekräfte zukünftig attraktiver zu gestalten?

Anfrage 2

Immer häufiger ist zu beobachten, dass Bürger ihren Unmut gegenüber der Ampel-Bundesregierung durch Transparente zum Ausdruck bringen. Die Fragen beziehen sich auf Maßnahmen der Stadtverwaltung, die die freie Meinungsäußerung der Bürger in unserer Stadt einschränken und gegen das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland

(Art 5 [1] Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.)

  1. Wann und wo hat die Stadtverwaltung Bürger daran gehindert, ihre Meinung zur aktuellen Bundesregierung frei durch Worte, Schrift und Bild zu äußern?
  2. Welche Gründe oder welchen Handlungsdruck sah die Stadtverwaltung, um gegen Transparente an Privatgrundstücken vorzugehen, die zur freien Meinungsäußerung genutzt wurden?
  3. Welche Ordnungsmaßnahmen wurden den betroffenen Bürgern angedroht oder verhängt, und auf welcher konkreten Rechtsgrundlage erfolgten diese Maßnahmen?

Es mutet schon merkwürdig an, dass in dieser Sitzung keine Anfrage von der Stadtverwaltung beantwortet wurde. Man könnte fast unterstellen, dass es nicht gewollt ist, diese kritischen Fragen in der Öffentlichkeit zu behandeln. Denn die Beantwortung erfolgt schriftlich und erscheint nach derzeitiger Geschäftsordnung auch nicht im Protokoll.

Die AfD-Fraktion Velten wird die Antworten der Stadtverwaltung der Brandenburger Freiheit zur Veröffentlichung zur Verfügung stellen.

Hier finden Sie den Link zu dem Artikel der MAZ vom 27.Februar 2024 zum Thema Fremdenfeindlichkeit [5].

Es folgten dann noch weitere Tagesordnungspunkte, welche schnell abgehandelt wurden. Nach einer guten Stunde Sitzungsdauer war die 34.Stadtverordnetenversammlung und vorletzte Sitzung in dieser Legislaturperiode dann beendet.

[1] https://www.buzer.de/gesetz/5827/a80403.htm
[2] https://velten.de/Verwaltung-Politik/Stadtpolitik/Ortsrecht-Satzungen/
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Opportunit%C3%A4tsprinzip
[4] https://velten.gremien.info/meeting.php?id=ni_2024-1-165
[5] https://www.maz-online.de/lokales/oberhavel/velten/velten-wohnungsnot-und-rassismus-fuehren-zu-pflegenotstand-GUHBRRJ6JRDRFNDQW3Z4QJVZAA.html

  • Beitrags-Autor:
  • Beitrags-Kategorie:Politik