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Wie man Opfer zu Tätern macht

Am 10.01.23 wurde ein Rentnerehepaar (beide 77 Jahre) in Oranienburg zu mehrmonatigen Haftstrafen auf Bewährung verurteilt. Der Vorwurf: Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte im Rahmen einer Demo gegen die Corona-Maßnahmen. Der Vorfall ereignete sich bereits ein Jahr zuvor in Hennigsdorf. Die aufwühlenden Ereignisse im Gerichtssaal waren für Michaela Klaukien Anlass zu einem sehr persönlichen und emotionalen Rückblick auf die Corona-Krise.

Es ist Januar 2023. Ich sitze im Amtsgericht Oranienburg im Saal 1 als Zuhörerin bei einer öffentlichen Verhandlung, in der ein Rentnerehepaar wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt auf einer Demonstration gegen die allgemeine Impfpflicht angeklagt wird. Ihnen wird vorgeworfen, drei Polizisten verletzt zu haben.

Die Frau ist Ärztin und praktizierte über lange Zeit in eigener Praxis. Auch ihr Mann ist für sein hohes soziales Engagement, bis weit über die Grenzen der Stadt Hennigsdorf hinaus bekannt. Beide haben ein aufregendes Berufsleben hinter sich, in dem sie der Gesellschaft gedient haben. Sie haben sich ein Leben lang um Opfer gegen Diktatur und Gewalt gekümmert und bekamen so ein bedeutendes gesellschaftliches Ansehen.

Die Verhandlung, die von ca. 20 Zuhörern aufmerksam und angespannt verfolgt wird, dauert über vier Stunden. Meine erste emotionale Regung spüre ich, als ich sehe, dass eine voll maskierte sehr junge Richterin, ohne ausreichend Lebens- und Berufserfahrung über zwei 77-jährige Menschen urteilen darf. Auslöser der vorgeworfenen Straftat war die Durchsetzung der Maskenpflicht während der Demonstration. Fünf junge Männer in Polizeiuniform werden sowohl als Geschädigte, als auch als Zeugen gehört.

Es sind vier Stunden Demütigung. Absurde, zum Teil lächerlich wirkende Aussagen der Polizisten werden gehört, vom Anwalt der Angeklagten hinterfragt und protokolliert. Ich frage mich, wo sind Zeugen, die für das Recht der beiden Rentner gehört werden könnten? Es ist nicht zu ertragen, mein Herz rast vor Empörung darüber, wie weit Rechtsprechung und Gerechtigkeit entfernt sind. Moral und Gerechtigkeit gibt es in dieser Verhandlung nicht, stattdessen darf eine Richterin mit ihrer Körpersprache ihre Verachtung gegenüber den Angeklagten und dessen Anwalt ausleben. Beide Rentner bewahren Contenance. Nur ihre Körper lassen von ihrer Aufgebrachtheit und emotionalen Erregung erahnen. Ich fühle mit Ihnen, was mich ab nun nicht mehr ruhig auf meinem Stuhl sitzen lässt. Ich sehe zwei starke Persönlichkeiten, die gerade durch die Justiz gebrochen werden sollen und fühle mich mit gedemütigt, verzweifelt und ohnmächtig.

Schilderungen darüber, dass vom Angeklagten die Maske nicht korrekt über die Nase gezogen wurde, führten dazu, dass der Angeklagte deshalb, erwähnenswerter Weise während der Auflösung der Demonstration, des Platzes verwiesen werden sollte. Durch seinen geleisteten Widerstand – er lief nicht mit den Beamten mit wie ein treuherziger Hund – wurde eine Polizeimaßnahme ergriffen, welche sich, ich zitiere wortwörtlich die Aussage eines Polizisten: „ bei Abführungen von Asylanten bewährt hat“, in deren Verlauf er durch mehrere Polizisten am Boden gefesselt wurde.

Die Richterin, mit ihrer schwarzen Maske, die sie bis kurz unter die Augen zog, konnte nicht besser ihre Befangenheit zu diesem Fall zum Ausdruck bringen. Sie zeigte während der gesamten Verhandlung keinerlei Interesse an Aufklärung. Die Verurteilung beider Rentner ist dermaßen unverhältnismäßig, nein, sie ist falsch und beruht meines Erachtens auf Unwahrheiten.

Meine emotionale Aufgebrachtheit veranlasste mich, kurz vor der Urteilsverkündung das Gespräch mit den gehörten Polizisten zu suchen, was diese auch zugelassen haben. Ich habe sie gebeten, sich bewusst zu machen, in welchem Ausmaß sie bei Einsätzen als Instrument der Politik agieren und ab welchem Moment sie als Mensch handeln. Ich bekam mit dem Gespräch die Möglichkeit, ihnen meine Wahrnehmung, meine Wahrheit und Sicht zu diesem Fall zu schildern. Und ich nutzte die Gelegenheit, um mein zum Teil zerstörtes Vertrauen in die Polizei zu begründen. Und vor allem machte ich meine Zeugenaussage von Angesicht zu Angesicht.

Wenn Emotionen eine Sprache bekommen

Irgendwann bekam ich ein metakognitives Signal und ich begann über mein Denken nachzudenken. Was löste in mir diesen Zustand der emotionalen Verwirrung aus, so dass ich ständig damit beschäftigt bin, meine Gedanken und Gefühle zu sortieren und zu reflektieren? Wann wurde mir bewusst, dass wir Menschen uns inmitten eines sozialen und gesellschaftlichen Chaos befinden?

Um mir diese Fragen beantworten zu können begann ich zu schreiben und blickte zunächst auf Ende des Jahres 2019…..

Schon längst besitze ich keinen Fernseher mehr und ein Radio benutze ich hauptsächlich um Musik zu hören. Auch Zeitungen habe ich nicht abonniert und trotzdem erreichen mich Nachrichten aus Deutschland und aller Welt… anscheinend die wichtigsten Geschehnisse. Und so erreichen mich auch Schlagzeilen und Bilder aus China. Ein „neuer“ Virus hat dort die Menschen befallen. Er heißt Corona. Videos, in denen Menschen in China auf den Straßen reihenweise umfallen bekomme ich gesendet. Meist lösche ich sie unkommentiert und wenn es mich zu sehr bedrängt bzw. irritiert, lösche ich sie mit dem Kommentar: „so eine Panikmache…was soll das?..“

Anfang 2020 hörte ich davon, dass erste Menschen in Deutschland nun auch mit dem Corona-Virus infiziert seien. Dann ging es Schlag auf Schlag…. Schulschließungen, Maskenpflicht, Grenzschließungen und Menschen, die einen schief anschauen oder gar Abstand nehmen, wenn man mal hustet, weil die Flimmerhärchen im Hals ihren Dienst leisten. Überall hat sich Corona aufgedrängt, es ist in aller Munde, so dass nun bei Treffen mit Familie und Freunden das Abkommen geschlossen wird, das Thema Corona auszusparen und es doch nie gelang. Es herrschen Maßnahmen zur Bekämpfung eines Virus in bisher unvorstellbaren Ausmaß. Aber wo sind die kranken Menschen? Ich kenne zu diesem Zeitpunkt keinen einzigen Menschen persönlich, der an dieser Grippe erkrankt ist und ich kenne keinen einzigen Menschen, der einen Menschen persönlich kennt, der an dieser Grippe erkrankt ist.

Mein Bauch sagt, hier scheint irgendwas nicht zu stimmen!

Ende 2020. Während ich mich in einer Ausbildung befinde, treffe ich regelmäßig auf andere gesunde Kommilitonen, auf intelligente Menschen, die sich nun ein Teststäbchen tief in die Nase schieben, um zu erkennen, ob sie krank oder gesund sind. Positiv ist plötzlich negativ. Gesunde Menschen wollen in einer Präsenz – Coaching – Ausbildung plötzlich ihre Module online fortsetzen. Dozenten aus Wien und München ziehen es aus Sicherheitsgründen vor, nicht nach Berlin zum Unterrichten in Präsenz zu kommen. Kommilitonen aus Hamburg, Palma de Mallorca, Mexico ziehen es aus Sicherheitsgründen vor, nicht nach Berlin zu kommen, sondern die Ausbildung stattdessen online fortzusetzen.

Mein Bauch sagt, hier stimmt doch irgendwas nicht!!

Es ist Frühjahr 2021. Negativ getestete Menschen sollen sich mit dem Tragen von Masken vor Ansteckung schützen. Hier reicht eine OP Maske und 3 km weiter schützt nur noch eine FFP2 Maske. Verkäufer in Einkaufsmärkten werden abgestellt, um Menschen wie Schwerverbrecher zu stellen, die eine „falsche“ Maske tragen. Menschen beim Einkaufen geben sich als Mitarbeiter vom Gesundheitsamt aus, um andere Einkäufer zur Disziplin und Gehorsam zu ermahnen, weil die Maske nicht korrekt über die Nase gezogen wurde. Und längst sprechen wir von einer gefürchteten Spaltung zwischen Nachbarn, Kollegen, selbst zwischen Freunden und gar Familien. Wir sind in einen Werte -Clash geraten. Die gespaltenen Ansichten werden mit der sogenannten Impfung gegen SARS-COV2 immer deutlicher. Ich sehe wie Kommilitonen ihre Freude über den Austausch ihrer Impftermine teilen und erkenne, dass ich zu einer hinterfragenden Minderheit gehöre, die zwar gehört, aber nicht verstanden wird. Ich rede über ein starkes Immunsystem, über gesunde Ernährung und gesunde Lebensweise, über das Vertrauen in unser natürliches Abwehrsystem, über Durchseuchung des Volkes und ich frage, wer glaubt tatsächlich ein Virus bekämpfen zu können ? In diesem Kreis bleibe ich mit meiner Ansicht allein.

Juli 2021. Zwei Wochen nach Beendigung meiner Ausbildung erfahre ich vom plötzlichen und unerwarteten Tod einer mir liebgewonnenen 30-jährigen Kommilitonin. Schockstarre! Es ist unfassbar und ich fühle mich zu tiefst traurig. Sie war gesund, lebenshungrig, voller Elan und glücklich und musste jung sterben. Drei Wochen vor ihrem Tod, an einem der letzten Tage unserer Ausbildung kam sie morgens etwas später. Sie freute sich an diesem Tag darüber, dass sie ihre Impfung gegen SARS-COV2 erhielt.

Aus meinem engen und weiteren Bekanntenkreis erfuhr ich mehr und mehr von Todesfällen jüngerer Menschen; mehr, als von Corona – Erkrankten.

Mein Bauch sagt: Hier stimmt was nicht!!!

Ende 2021. 3-G Regel, 2-Regel. Ich werde ausgegrenzt, diskriminiert, mit meiner Meinung nicht mehr gehört und nicht akzeptiert. Der dadurch entstandene Verzicht war nicht groß, allerdings der Schmerz bei der Erkenntnis, von welchen Menschen ich umgeben bin! Jene Menschen, die unsere, die meine Gesellschaft bilden, in der ich lebe. Die Verabschiedung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht und die Diskussion um die allgemeine Impfpflicht machten nun all meine Zweifel, Enttäuschungen, Traurigkeit, Ärger und das Bedürfnis nach Gerechtigkeit, Frieden und Selbstbestimmung endgültig zum Widerstand.

Dezember 2021. Meine erste Demonstration für Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung war in Oranienburg, zusammen mit über 2000 Menschen. Von nun an trug ich meinen Protest über die Corona – Politik auf die Straße.

Januar 2022. An einem frostigen Freitagabend habe ich mich in Hennigsdorf einer Demonstration für Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung sowie gegen die allgemeine Impfpflicht und vorherrschenden Corona – Maßnahmen angeschlossen. Das Tragen einer Maske unter freiem Himmel war während dieser Veranstaltung behördlich auferlegte Pflicht. Wir wurden von jungen übereifrigen Polizisten begleitet, die eigentlich hauptsächlich für die Sicherheit, während des Umzugs der Teilnehmer zu sorgen haben. Sie hielten es jedoch viel mehr für nötig die Teilnehmer permanent über Lautsprecher auf die Maskenpflicht hinzuweisen, was auf mich sehr provokativ wirkte. Am Ende des Umzuges, als sich die Versammlung auflöste, stand ich am Rand des Postplatzes, am Eingang des Einkaufszentrums, um auf meine Freundin zu warten, die noch zur Toilette ging, bevor wir uns auf den Heimweg machen wollten. In diesem Moment versammelten sich unmittelbar neben mir mehrere Polizisten mit einem älteren Herrn, der ihnen seine Personalien aushändigen musste. Ein junger Polizist, der mit dem älteren Herrn sprach, war sichtlich emotional erregt und wirkte auf mich alles andere als souverän. Immer wieder wurde der Herr von den Polizisten aufgefordert seine Maske aufzusetzen, währenddessen ich selbst unmittelbar daneben ohne Maske stand. Andere Polizisten sicherten den Bereich ringsherum, ein weiterer Polizist filmte diese Szene. Ich fragte mich, welche Gefahr die Polizisten sahen, um für mein Gefühl solch ein unangemessenes Aufgebot zu installieren. Nachdem sich der Herr ordnungsgemäß ausgewiesen hatte, ging er in Richtung Denkmal und die Polizisten in eine andere Richtung, als dann aber plötzlich der junge Polizist noch einmal sehr aufgeregt zu dem älteren Herrn wollte. Ich konnte sehen wie er von einem älteren Kollegen am Ärmel zurückgehalten wurde. Kurz darauf, nur Sekunden später, als ich Ausschau nach meiner Freundin hielt, richtete ich meinen Blick wieder zurück zum Postplatz zu lautem Geschrei. Ich sah, wie der ältere Herr plötzlich von den Polizisten zu Boden gebracht wurde und gewaltvoll gefesselt wurde. Eine Frau schrie: „Ich bin Ärztin, lassen sie meinen Mann los, er ist Bluter, jede Verletzung für ihn ist lebensgefährlich.“ Die ebenfalls ältere Frau wurde von Polizisten mit Gewalt zurückgehalten, so dass auch sie zu Boden fiel. Eine weitere anwesende Ärztin wurde ebenfalls von Polizisten so sehr zurück gedrängt, dass sie auf dem Rücken landete. Minuten vergingen, der ältere Mann lag immer noch auf dem eiskalten Boden und Polizisten knieten auf seinem Rücken. Etliche Polizisten umringten diesen Bereich und sicherten ihn ab, damit ihre Kollegen mit grober und gewaltvoller Vorgehensweise einen Rentner zu dritt fixieren und wie einen Schwerverbrecher abführen konnten. Sie hinterließen eher einen überforderten, als einen professionellen Eindruck. Mein Innerstes wollte dem Mann instinktiv zu Hilfe eilen und ihn retten. Mein Verstand sagte, damit greifst du die Staatsgewalt an und machst dich strafbar. Ich verstand die Welt nicht mehr und schrie stattdessen, zusammen mit anderen anwesenden Menschen: Pfui… schämt Euch!

Ich wollte am liebsten Polizisten angreifen um zu helfen. Mein Verständnis bisher war, wenn ich Hilfe brauche, um mein Leben fürchte, rufe ich die Polizei. Mein Verständnis bisher war auch, dass die Polizei für Deeskalation sorgt. Ab diesem Abend war nun alles anders!

Ich wusste: Hier stimmt was nicht!!!!

Ein Jahr später, im Januar 2023 wurden der ältere Herr und die ältere Frau, als gemeinschaftliches bandenmäßiges Gespann am Amtsgericht Oranienburg zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten bzw. 10 Monaten auf Bewährung, wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt und Körperverletzung dreier Polizeibeamter, verurteilt.

Sehr viele Menschen wissen längst: Hier stimmt was nicht!
Schaut bitte hin und beendet das Schweigen!!!